v.l.n.r. DieterOlbrich, Propst P. Milan Kučera, P. Martin Leitgöb

Friedens- und Versöhungswallfahrt nach Maria Kulm

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Den Festgottesdienst zelebrierten der dortige Seelsorger Propst Pater Milan Kučera sowie der Präses der sudetendeutschen Katholiken und Geistliche Beirat der Ackermann-Gemeinde Msgr. Dieter Olbrich und der nun in Ellwangen tätige Redemptoristenpater Dr. Martin Leitgöb, der zuvor acht Jahre die deutschsprachige katholische Gemeinde in Prag betreut hatte.
Mit zwei Bussen fuhren ca. 100 Pilgerinnen und Pilger von Hof aus in den bekannten böhmischen Wallfahrtsort. Darüber hinaus hatten sich zahlreiche weitere Wallfahrer mit Privat-PKWs auf den Weg dorthin gemacht, so dass letztlich das Gotteshaus mit rund 300 Gläubigen gefüllt war, was Propst Kučera sehr freute. Auch von den mitgebrachten Blumen, die vor dem Altar Platz fanden, war der Geistliche sehr angetan.
Die Begrüßung der Wallfahrer oblag Luis-Andreas Hart, Schriftführer des in Waldsassen ansässigen Fördervereins Maria Loreto e.V., der auch der Wallfahrt und dem Gotteshaus in Maria Kulm stark verbunden ist. Anton Hart, der im Jahr 2004 verstorbene Vater von Luis-Andreas Hart, hat weitgehend aus eigenen Mitteln die Restaurierung der Maria Loreto-Kirche nahe Eger bestritten. Luis-Andreas Hart wandte sich an den Sprecher der sudetendeutschen Volksgruppe Bernd Posselt. „Mit diesem ersten grenzüberschreitenden und damit revolutionären 72. Sudetendeutschen Tag in Deutschland und Tschechien hast Du eine mutige Entscheidung getroffen, die den Zeitgeist widerspiegelt.“ Hart erinnerte an die wegweisende Rede des früheren tschechischen Kulturministers Daniel Herman beim Sudetendeutschen Tag 2016 in Nürnberg und dankte SL-Landesobmann Steffen Hörtler und Pressesprecherin Hildegard Schuster für die tadellose Organisation. Auch an Pater Kučera richtete er Dankesworte: „Die heutige Friedens- und Versöhnungswallfahrt braucht Menschen wie Sie! Sie verkörpern als Propst von Maria Kulm und Kreuzherr der Ritter vom roten Stern, der lange Zeit in Wien gewirkt hat, mit Ihrem österreichisch-böhmischen Hintergrund genau diesen spirituell grenzüberschreitenden Dialog, auf den die heutige Friedens- und Versöhnungswallfahrt baut!“ Harts Gruß und Dank galt auch Präses Olbrich und Pater Leitgöb sowie den Fahnenabordnungen und der Gartenberger Bunkermusik unter der Leitung von Roland Hammerschmid, die auch den Gottesdienst musikalisch umrahmte. Sozusagen ein grenzüberschreitender Dialog zeige sich auch bei den sakralen Bauwerken dieser Region – festgemacht an der Baumeisterfamilie Dientzenhofer, die für die Gotteshäuser in Maria Kulm, Waldsassen, Kappel und Maria Magdalena (Karlsbad) verantwortlich war. „Ein wahrer Dreiklang bayerisch-böhmischer, deutsch-tschechischer sakraler Baukunst“, so Hart. Natürlich verwies er auf die Legende der „Madonna aus dem Haselnussstrauch“, woraus die Gnadenkapelle entstand, und auf das in Renovierung befindliche Altarbild mit dem Motiv „Aufnahme Mariens in den Himmel“. Daraus leitete Hart weitere Gedanken ab. „Marias Strahlkraft reicht bis in die europäische Flagge: die zwölf europäischen Sterne sind die der Mutter Gottes von Straßburg, die Zahl Zwölf ist Sinnbild für die Harmonie Europas, getragen von der christlich-paneuropäischen Idee unseres Sudetendeutschen Landsmanns Richard Graf Coudenhove-Kalgeri aus Ronsperg in Böhmen“. Auch Otto von Habsburg durfte bei Harts Würdigungen nicht fehlen, der im Jahr 2004 auch Maria Loreto besucht hat. Zurückkommend auf Maria Kulm meinte Hart schließlich: „Mit ihrer besonderen regionalen Verankerung im Herzen Europas hier im Bäderdreieck Karlsbad-Marienbad-Franzensbad – seit kurzem Unesco-Weltkulturerbe – und in der deutschen Grenzregion ist Maria Kulms besonderes Potential zum grenzüberschreitenden völkerversöhnenden Dialog verankert. So sind Maria Kulm und die Wallfahrtskirche Maria Loreto seit jeher in engem sudetendeutschen Dialog miteinander verbunden“. Abschließend erinnerte Hart an seinen Vater und an Josef Döllner, den erst vor wenigen Wochen verstorbenen Initiator und Ehrenvorsitzenden des Fördervereins.  „Ihre gemeinsame Vision war es, Maria Loreto und Maria Kulm wieder in würdevollem Glanz erstrahlen zu lassen. Dieses Vermächtnis wollen wir zukünftig weiter ausbauen und die Aktivitäten der Wallfahrtskirchen noch stärker zusammenführen“. Mit Blick auf den Krieg in der Ukraine schloss Hart seine Begrüßung in der Hoffnung, dass die Botschaft dieser Friedens- und Versöhnungswallfahrt nach Maria Kulm unter dem Motto „Dialog überwindet Grenzen“ in die Welt hinausgetragen werde, überall der Frieden erhalten und neuer Frieden gestiftet werde.
Mit einem herzlichen Dank an die Familie Hart begann auch Propst Kučera seine Predigt. Sie leiste viel für die Region und habe Kultur zurückgebracht, meinte der Seelsorger. Ein paar Eindrücke seines jüngsten Aufenthaltes in Weiden schilderte er ebenfalls. Auch wenn er von der Geschichte und Kultur der Stadt sehr beeindruckt war, habe ihn ein anderer Aspekt bedrückt: der Geist des Konsums – ob in Form von unzähligen Gaststätten und Imbissbuden oder der vielen Kleidergeschäfte mit zum Teil nur minderer Qualität der Waren. Deutlich war seine Kritik an dem „Geist, der fast nur Einkauf, Verkauf, Geld und Haben im Sinn hat“, zu hören. In diesem Zusammenhang sprach er auch den hohen Wert, der den Äußerlichkeiten zugemessen wird, an. Vor allem die jungen Leute wollen, so der Priester, gut aussehen, schön für den Freund oder die Freundin sein. Bisher traditionelle Werte und Aspekte wie Frömmigkeit oder der Respekt vor Gott würden verloren gehen. „Es gibt Wichtigeres als Essen, Kleidung, Vermögen. Das geht alles schnell vorbei“, stellte er angesichts des Todes auch von Menschen, die mächtig und angesehen waren, fest. Im Kontrast dazu interpretierte er das Leben und Wirken Jesu: nicht die Beschäftigung mit vielen Sachen sei wichtig, sondern die Sorge für die Seele. An die Gottesdienstteilnehmer gewandt sagte der Propst: „Sie haben eine Seele. Und in dieser Seele weht Gott.“ Bei der Messfeier am Pfingstsonntag im benachbarten Königsberg habe er – quasi als Geschenk des Heiligen Geistes – deutlich gespürt: „Gott will sagen: ‚Hab keine Angst, ich bin mit dir! Hab keine Angst vor der Welt!‘ Gottes Stimme hört man im Herzen, man muss und kann ohne Angst leben“.
Kurz ging er auf die kirchliche Situation in Maria Kulm ein. Vor dem Zweiten Weltkrieg lebten hier 3000 Einwohner, heute sind es noch 300. Seit zehn Jahren ist er, der Anfang Juli 75 Jahre alt wird, hier der einzige Priester. Ein Nachfolger ist ungewiss. Im Ort gibt es wenig bis keine Infrastruktur (Geschäfte, Kultur usw.), die Menschen fahren am Morgen zur Arbeit und kommen am Abend zurück. Ihn bedrückt die Sorge um die Kirche hier. Umso größer war die Freude über die Wallfahrt und die vielen Gläubigen. „Heute wirkt die Kraft vieler Leute. Man muss Gott spüren, eine Frömmigkeit leben, die von Herzen kommt. Diese bringt Freude, Gott gibt uns damit wieder seine Freude zurück. Jeder gut gelebte Tag kann etwas bringen, ja jede Stunde. Daher gilt es, das Leben in die Hand zu nehmen“ appellierte er am Ende seiner Ansprache an die Gottesdienstbesucher und verband dies mit der Hoffnung, dass die Friedens- und Versöhnungswallfahrt und der Festgottesdienst weit ausstrahlen mögen.
Die Fürbitten trug Gudrun Heißig in deutscher und tschechischer Sprache vor, die musikalische Umrahmung oblag der Gartenberger Bunkermusik unter der Leitung von Roland Hammerschmied.
Diese Blaskapelle spielte nach dem Gottesdienst auf der nahegelegenen Wiese zünftig auf. Bei gegrillten Spezialitäten, tschechischem Bier (und auch alkoholfreien Getränken) war dann auch Zeit zum Ratschen, Gedankenaustausch und Knüpfen von Kontakten, was ja in den vergangenen zwei Jahren nur bedingt möglich war.

Markus Bauer