Jahrestagung und Mitgliederversammlung 2024 des Sudetendeutschen Priesterwerks
Vom 03.-06.03.2024 fand im Schloss Fürstenried in München die Jahrestagung und die Mitgliederversammlung des Sudetendeutschen Priesterwerks statt.
Nach einem mitbrüderlichen Austausch am Sonntag-Abend stand am Montag-Vormittag ein Vortrag zum Thema „die Situation der Kirchen in der Ukraine“ auf dem Programm. Sachkundiger Referent war Dr. Andriy Mykhaleyko vom Collegium Orientale in Eichstätt.
Etwa 2/3 der Einwohner der Ukraine bezeichnen sich als Glaubende, davon wieder sind 94% Christen. Im Jahr 2014 waren 70% der Bevölkerung orthodox, 7% griechisch-katholisch und 1% römisch-katholisch.
Bis 2018 gab es in der Ukrainischen Orthodoxie die Ukrainisch-Orthodoxe Kirche, die dem Moskauer Patriachat zugeordnet war und die Ukrainisch-Orthodoxe Kirche des Kiewer Patriachats, sowie eine Ukrainische Autokephale Orthodoxe Kirche. Die Ukrainisch-Orthodoxe Kirche des Kiewer Patriachats und die Ukrainische Autokephale Orthodoxe Kirche schlossen sich 2019 zur Orthodoxen Kirchen der Ukraine zusammen, die vom Patriarchen von Konstantinopel anerkannt wurde, jedoch nicht vom Moskauer Patriarchen. Auch der Ukrainische Präsident Poroshenko hatte großes Interesse an einer nationalen von Moskau unabhängigen Ukrainischen Kirche. Dennoch gibt es weiterhin die Ukrainisch-Orthodoxe Kirche, die dem Moskauer Patriachat unterstellt ist.
Ferner gibt es in der Ukraine drei Katholische Kirchen, die Ukrainisch Griechisch-Katholische Kirche, die römisch-katholische Kirche und die Ruthenische Griechisch-Katholische Kirche.
Die Geschichte des osteuropäischen Raums wird von Russen und Ukrainern unterschiedlich interpretiert. Beide führen die Existenz ihrer Völker und Staaten auf den Heiligen Großfürsten Wolodymyr oder Wladimir zurück. Die aus dem Kyiver Rus hervorgegangen Völker der Russen, Weißrussen und Ukrainer verbindet der orthodoxe Glaube.
Wladimir Putin interpretierte die Geschichte in einer Rede „Über die historische Einheit der Russen und Ukrainer“ im Juli 2021 wie folgt:
Die Ukraine war nie ein unabhängiger Staat und ist keiner. Sie ist ein untrennbarer Teil Russlands. Ukrainische Unabhängigkeit sei inspiriert und finanziert von Russlands Feinden. Großrussen, Weißrussen und Kleinrussen sind ein Volk. Sie alle seien durch die gleiche Sprache, gleiche Traditionen und denselben orthodoxen Glauben vereint.
„Ich bin überzeugt, dass die Ukraine echte Souveränität nur in Partnerschaft mit Russland erreichen kann“, so Vladimir Putin.
Den Krieg rechtfertige er mit der Aussage „Wir verteidigen unsere Leute auf unseren historischen Territorien“.
Dem entgegen steht die Ukrainische Sicht ihrer Geschichte: 1991 hat die Ukraine ihr Ziel erreicht, nämlich die staatliche Unabhängigkeit. Die Ukraine hat eigene Sprache Kultur und Tradition, die sich von der russischen unterscheidet. Die Ukraine hat das Recht, sich frei zu entwickeln.
Diese unterschiedlichen Sichtweisen führen auch zu großen Spannungen innerhalb der Orthodoxie, zwischen den Patriarchen von Konstantinopel und Kiew auf der eine und dem Patriarchen von Moskau auf der anderen Seite.
Am Montag-Nachmittag stand ein Ausflug zur Blutenburg im Nordwesten von München auf dem Programm. In der gotischen Schlosskapelle beteten die Teilnehmer der Jahrestagung die Vesper und feierten die Hl. Messe.
Msgr. Rainer Boeck war von 2016-2023 Diözesanbeauftragter für Flucht, Asyl und Integration der Erzdiözese München und Freising. Er sprach am Dienstag-Vormittag über seine Erfahrungen in dieser Aufgabe.
Er blickte zunächst auf die eigenen Familiengeschichte zurück, denn seine Mutter stammte aus Haslau bei Asch im Egerland und kam nach dem Krieg als Heimatvertriebene nach Bayern.
Biblische und Spirituelle Quellen der kirchlichen Flüchtlingsarbeit sind das Buch Exodus, das davon spricht, dass Fremde aufzunehmen sind, denn „ihr seid selber Fremde in Ägypten gewesen“, sowie die Regel des Hl. Benedikt, die sagt, dass man Fremde wie Christus aufnehmen soll.
In den Pfarrgemeinden gibt es auf der einen Seite Helferkreise, die sich der Flüchtlinge annehmen, andererseits aber auch Gleichgültigkeit und Dessinteresse.
Die Teilnehmer brachten auch ihre Erfahrung ein, so dass es zu einem lebhaften Austausch kam.
Dem Referenten war es wichtig, hinter den Zahlen den Menschen zu sehen, der aufgrund von Krieg, Verfolgung oder wirtschaftlicher Not seine Heimat verlassen hat. Ebenso wichtig ist es, in den Flüchtlingen nicht zuerst eine Belastung, sondern eine Chance zu sehen und ihnen auch die Möglichkeit zu geben, durch Arbeit einen Beitrag für unsere Gesellschaft zu leisten.
Bei der Mitgliederversammlung konnte der Erste Vorsitzende Holger Kruschina von den Veranstaltungen im vergangenen Jahr berichten, wie das deutsch-tschechische Priestertreffen, die Urlaubswoche für tschechische Mitbrüder und die Jahresexerzitien. Diese Veranstaltungen finden auch in diesem Jahr wieder statt.
Mathias Kotonski