St.-Valentins-Kirchweih und 650-Jahrfeier von Brosdorf

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Am 16. Februar 2020 fanden in Brosdorf/Bravantice die Feiern zur St.-Valentins-Kirchweih sowie zur 650 Jahre Ersterwähnung der Gemeinde statt. Brosdorf gehört zum Kreis Wagstadt, der in der Sudetendeutschen Landsmannschaft von Ulf Broßmann kommissarisch betreut wird. Zusammen mit seiner Frau und Christl Rösch, der Obmännin der Heimatgruppe Kuhländchen–München in der SL, wurde er vom Bürgermeister Rudolf Němec zu den Feierlichkeiten eingeladen.

Bravantice ist eine Gemeinde in Mährisch-Schlesien, die südwestlich der Stadt Ostrava/Mährisch-Ostrau liegt und zum ehemaligen Kuhländchen gehörte. Für die St.-Valentins-Kirche und ihre Pfarrgemeinde ist das Dekanat von Bilovec/Wagstadt zuständig, das zur Diözese Ostrava-Opava/Ostrau-Troppau zählt.

An der Stelle der heutigen Kirche von Bravantice, die dem Hl. Valentin geweiht ist, errichteten die Kolonisten im 14. Jahrhundert eine Holzkirche. Dieses Gotteshaus und ihr späterer steinerner Neubau waren schon von Anbeginn ein öffentliches Zeichen des katholischen Glaubens und ein Zeugnis christlich-abendländischer Kultur. Im Jahre 1370 erscheint der Lehensherr Palka von Brawancicz in einer Urkunde des Belehnungsgerichtes in Olmütz, wobei Brosdorf, das damals Brawancicz hieß, erstmals erwähnt wird. In seiner 650jährigen Geschichte waren Jahrhunderte von einem friedfertigen Zusammenleben der deutschen, tschechischen und jüdischen Bevölkerung geprägt. Doch dies wurde ab 1938 durch das Nationalsozialistische Regime zerrissen und endete 1946 mit der kollektiven Vertreibung fast aller deutschen Brosdorfer. Nach 1989 pflegten Heimatvertriebene wieder rührigen Kontakt mit den tschechischen Bewohnern. Sie besuchten ihre Heimatgemeinde mit der St.-Valentins-Kirche, und das besonders gerne am Fest der Kirchweih, wodurch diese auch wieder in Bravantice ins Leben gerufen wurde.

Der Festtag begann mit der Niederlegung von Blumengebinden der deutschen Gäste am Kriegerdenkmal zum Gedenken an die unschuldigen Opfer der Kriege und Vertreibung sowie am Ehrenmal des international bekannten k. k. Bergrates Anton Hanke, der die Höhlen des Krainer Karstes von Skocjan/Divaca in Slowenien entdeckt und erforscht hatte.

Wie immer an Kirchweih, war das restaurierte Gotteshaus überaus voll besetzt und beeindruckte die vielen Besucher mit der Ortsfahne im Altarraum und dem Blumenschmuck in den Gemeindefarben „Gelb, Rot und Schwarz“. Vor der Messe hieß der Vorsitzende des Pfarrgemeinderates, Pavel Sustek, die Gläubigen willkommen und gab eine Einführung zu den beiden Feierlichkeiten. Weihbischof Martin David aus der Diözese Ostrau-Troppau hielt das Pontifikalamt, das er zusammen mit dem Gemeindepfarrer Kukiola, zelebrierte. Eindrucksvoll wurde die Bischofsmesse von Kirchenchor, Orchester und Orgel musikalisch umrahmt, wobei man traditionelle Lieder, darunter auch das „Dona nobis pacem“ sang. Bischof Martin ging in seiner Predigt auf die beiden Lesungen sowie auf das Evangelium ein, indem er ausführte, dass viele Menschen heute unfreiwillig einsam oder bewusst als Single leben würden. Um dem Alleinsein zu entgehen, sei es sinnvoll, sich kreativ in die Pfarrgemeinde einzubringen, aber sich auch nachhaltig um öffentliche Angelegenheiten zu kümmern. Dazu seien wir dem Gemeinwesen, aber auch den Generationen vor und nach uns verpflichtet. Zur Gabenbereitung standen vierzehn Kinder und Jugendliche der örtlichen Pfadfinder Spalier.

In seiner Rede am Ende der Messe drückte Bürgermeisters Němec große Freude darüber aus, dass die Kirche St. Valentin nach der gelungenen Renovierung wieder eine herausragende Dominante in der Gemeinde sei. Er erinnerte an die schwere Arbeit der Menschen aller Generationen, auch an die früheren deutschen Bewohner, die mit viel Mühen dieses Gotteshaus errichtet hatten. Nun sei es Aufgabe der heutigen Bevölkerung, deren Kulturgut zu bewahren, denn die Kirche diene immer als Ort der Begegnung, wie man auch heute an der Anwesenheit der Gäste, der vielen Bravanticer und der Pilger aus Nah und Fern sieht. Ihnen allen wünschte er einen fröhlichen, gemeinsamen Festtag. Beim Bischof bedankte er sich für die finanzielle Unterstützung bei der Renovierung der Turmhaube durch die Diözese.

Im Grußwort des Landschaftsbetreuers des Kuhländchens sprach Ulf Broßmann seinen Dank für die Einladung aus und berichtete, dass alle seine Vorfahren väterlicherseits in Wagstadt und Umgebung gelebten hätten und er daher das Gefühl der Verwurzelung und Zugehörigkeit in diesem Kirchenraum verspüre. Er wies auf die 650jährige Geschichte von Bravantice hin, in der friedliches Miteinander vorherrschte, das erst im 20. Jahrhundert durch Nationalsozialisten und Vertreibung beendet wurde, und freute sich, dass heute wieder freundschaftliche Verbindungen zwischen ehemaligen Brosdorfern und jetzigen Bravanticern überwiegen. Dabei sei die St.-Valentinskirche für beide Seiten immer ein unantastbarer, heiliger Ort der Verständigung geblieben. Als Partner für den Deutsch-Tschechischen-Zukunfts-Fonds freute sich Broßmann über die gut gelungenen Renovierungsarbeiten am Kirchturm. Ebenso beeindruckte ihn die Fortsetzung der traditionellen Kirchweih im Sinne von St. Valentin dank örtlicher Initiativen und wünschte Bravantice und allen seinen Bewohnern Gottes reichen Segen und von Herzen eine glückliche, friedliche und prosperierende Zukunft.

Der Auszug der Geistlichkeit wurde begleitet mit dem für den Kirchenpatron St. Valentin von Helena Salzmann komponierte Lied, dessen deutschen Text Věra Sustková ins Tschechische übertragen hatte. Zur Feier des Tages wurden den Besuchern am Kirchenportal selbstgebackene „Küchlen“ überreicht. Gemeinsam begaben sich alle ins Kulturhaus, wo nach dem Tischgebet des Bischofs die appetitlichen Speisen vom Schlachtfest am Vortag und der leckere Kuchen der tüchtigen Bäckerinnen der Gemeinde serviert wurden. Bei den vielen, persönlichen Gesprächen erörterte und plante man neue tschechisch-deutsche Projekte. Dadurch wurde die wichtige, nachhaltige Verständigung zwischen Tschechen und Kuhländlern mit dem Ziel der Aussöhnung weiter gefördert und intensiviert, bis am späten Nachmittag die Jubiläumsfeier sowie wieder einmal die jährliche, bekannte St. Valentin Kirchweih im Sinne einer wegweisenden, wertvollen Völkerverbindung zu Ende gingen.

Fotos: Ulf Broßmann, Hildegard Broßmann