Urlaubswoche für tschechische Priester 2023
Vom 28.08.-01.09.2023 fand in Nürnberg die Urlaubswoche für tschechische Priester statt
Die Noris war heuer auf Einladung des Sudetendeutschen Priesterwerks das Ziel einer Gruppe von 22 tschechischen Geistlichen, die alle noch in der Zeit der kommunistischen Diktatur geweiht worden waren.
Sehr gut untergebracht waren wir die gesamte Woche im Caritas-Pirckheimer-Haus. Es bietet kurze Wege in die Stadt und beste Betreuung im Haus. Die Gruppe begleiteten eine Dolmetscherin sowie vom Sudetendeutschen Priesterwerk Msgr. Karl Wuchterl und Ständiger Diakon Diethard Nemmert als Reiseleiter.
Wichtiger Bestandteil jeden Tages war das gemeinsame Stundengebet und die Feier der Eucharistie.
Nach der Anreise und dem Abendessen am Montag war in der Weinstube des CPH Gelegenheit zum Austausch. Da die Teilnehmer aus der gesamten tschechischen Republik kamen, kannten sich nicht alle; andere hatten sich jahrzehntelang nicht mehr gesehen und freuten sich über ein Wiedersehen.
Der folgende Tag stand ganz im Zeichen des mittelalterlichen Nürnberg. Die Teilnehmer ließen sich durch die Kaiserburg und die Kapelle führen. Besonderes Interesse galt Karl IV., Kaiser des Hl. Römischen Reiches Deutscher Nation und König von Böhmen, der die enge Verbindung von Prag und Nürnberg herstellte.
In zwei Gruppen wurden wir nach dem Mittagessen im „Bratwursthäusle“ durch St. Lorenz geführt. Vor dem Westportal der ab 1230 gebauten Kirche steht die älteste Glocke Nürnbergs, die Feyerglocke, als Mahnmal für den Frieden. Und innen sangen wir am Schluss der Führung voller Hingabe das „Salve Regina“ vor dem „Engelsgruß“ von Veit Stoß. In einem ovalen Rosenkranz mit 50 Rosenblüten schwebt sechs Meter über dem Boden Erzengel Gabriel, der Maria die Botschaft überbringt, dass sie schwanger ist. Es handle sich um eine evangelische Kirche auf dem katholischen Stand von 1520, wie uns schmunzelnd erklärt wurde.
Msgr. Karl Wuchterl, selbst langjähriger Pfarrer in Nürnberg, übernahm die weitere Führung in der Stadt und versorgte die wissbegierige Gruppe mit Informationen, u.a. zum sog. Männleinlaufen oder zur besonderen Tradition des Christkinds in Nürnberg.
Der Dienstagabend stand dann im Zeichen der Begegnung mit Pater Jörg Alt SJ, der über seine Arbeit und die „Letzte Generation“ sprach. Er legte seine aus dem persönlichen Umgang mit Jugendlichen erwachsene Motivation in der Umweltpolitik dar. Seine Erfahrung des nicht immer zimperlichen Umgangs von Polizei und Justiz in Bayern mit ihm und der Protestbewegung kommentierte ein Teilnehmer dermaßen, dass man in Tschechien eher moderater vorgehen würde und auf Ausgleich bedacht sei. In der regen Diskussion wies Pater Alt u.a. darauf hin, dass China mehr für nachwachsende Energien tue als Deutschland und statt E-Autos empfahl er den Ausbau des ÖPNV. Pointiert war seine Formulierung: „Wer in einer endlichen Welt unendliche Ressourcen annimmt, ist dumm oder Wirtschaftswissenschaftler.“ P. Jörg Alts Worte fanden bestimmt nicht überall Zustimmung, riefen aber große Nachdenklichkeit hervor.
Am Mittwoch fuhren wir nach Freystadt, um die wunderschöne Wallfahrtskirche zu besichtigen und Eucharistie zu feiern.
Anschließend erwartete nach dem Mittagessen in der „Bucht“ in Ramsberg der Trimaran die Teilnehmer, um sie auf eine 1½- stündige Rundfahrt auf dem Brombachsee mitzunehmen. Die ruhige Bootsfahrt und die Schönheit der fränkischen Landschaft wirkten erholsam, zumal auch Petrus ein Einsehen hatte.
Am Abend informierten Frau Pilkenroth (Pressesprecherin der kath. Kirche in Nürnberg) und Frau Agnes Meier (theologische Referentin des Stadtdekans) abwechselnd über die seit 1976 bestehende Organisation der Stadtkirche zwischen den Bistümern Bamberg und Eichstätt. Auch die besondere Situation der Seelsorge in einer Großstadt, wo mittlerweile fast 60 % Nichtchristen leben, war anschaulich vor Augen geführt.
Sehr bedauert wurde beispielsweise der Bedeutungsverlust der Kirchen in der Öffentlichkeit! Es handle sich grundsätzlich zwar um kein neues Phänomen in Großstädten, Corona und die Missbrauchsskandale seien aber Brandbeschleuniger für die wachsende Kirchenferne gewesen. Themen im Blick auf die Situation vor Ort waren weiterhin Klimawandel, Armut und hohe Arbeitslosigkeit oder fair trade; allesamt Herausforderungen der Kirchen am Ort.
Eindrucksvolle Worte fand dann Agnes Meier, als sie erzählte, wie ihr als Theologin der Aufbau einer Kleiderkammer für die Ukrainer zufiel – eigentlich gar nicht ihr Aufgabenbereich.
Sie habe sich dann doch auf der Grundlage des Bibelwortes darauf eingelassen: „Ich war nackt und ihr habt mir Kleidung gegeben.“ (Mt 25,36). Allen wurde damit noch einmal sehr deutlich: In der jetzigen Situation der deutschen wie der tschechischen Kirche tut eine Rückbesinnung auf den Kern des Geschäftsbereichs Not: auf die segensreiche Verkündung der frohen Botschaft Jesu!
Kirche könne so Heimat sein, für uns und (weiterhin!) anfragende Nicht-Getaufte. Im Flyer von St. Lorenz „Herzlich willkommen“ heißt es ja auch: „Nach seiner Auferstehung ist Jesus seinen Freunden wieder begegnet. Er hat sie ermutigt, dass sie das, was sie von ihm gehört und gelernt hatten, weitererzählen sollten. So wurden aus verängstigten Menschen Boten der frohen Botschaft.“
Waren eigentlich nur 1½ Stunden für den Abend angesetzt, so wurden schließlich drei daraus! Die Referentinnen hatten mit den Themen, aber auch einer abwechslungsreichen Moderation den Nerv ihrer Zuhörer getroffen.
Am vorletzten Tag stand der Besuch des Dokumentationszentrums Reichsparteitagsgelände auf dem Programm: 3½ Stunden Aufenthalt mit Führung durch das weitläufige Gelände und in der Ausstellung waren höchst informativ und doch auch für etliche physisch und psychisch belastend.
Der Aufbau der Tage, den Bogen spannend vom mittelalterlichen Nürnberg hin zur Stadt der nationalsozialistischen Bewegung im 20.Jahrhundert, war jedoch bewusst gewählt.
Nürnberg, Stadt des Handels und der Künste, Stadt Peter Henleins, Albrecht Dürers oder des Hans Sachs - aber doch auch Stadt der Nazis. Was für eine Mahnung für uns und kommende Generationen!
Am Freitag war nach Laudes und Eucharistie schon wieder Abreise – mit neuen Eindrücken und dem Wunsch vieler, einmal wieder noch mehr von Nürnberg zu sehen.
Gut empfanden die Teilnehmer besonders die Verknüpfung von Geschichte und Gegenwart und den Einblick in das Leben der Kirche vor Ort.
Für nächstes Jahr ist ein Aufenthalt in Bamberg und Umgebung angedacht.
Einen wesentlichen Beitrag zum Gelingen der Veranstaltung leistete Karl Wuchterl mit seinem unermesslichen Erfahrungsschatz und seiner großen Hilfsbereitschaft.
Ihm gilt mein besonderer Dank, auch für sein Vertrauen in mich als seinen Nachfolger bei der Planung und Ausrichtung der Urlaubswoche. Dank sage ich aber auch im Namen des Sudetendeutschen Priesterwerks Herrn Msgr. Dieter Olbrich, Präses der Sudetendeutschen Seelsorge, für die Unterstützung der Woche mit einem namhaften finanziellen Beitrag.
Das Schlusswort soll ein Reiseteilnehmer haben: „Die Tschechen haben die Sudetendeutschen vertrieben und jetzt gebt ihr uns so viel zurück.“ Danke, Ahoi! und S panem bohem!
Diakon Diethard Nemmert