Inhaltsverzeichnis
- Vorwort des Vorsitzenden
- Ostergruß des Vertriebenenbischofs
- Ostergruß des Präses der Sudetendeutschen
- Exerzitien für Priester und Diakone
- Neujahrsgottesdienst der Sudetendeutschen Landsmannschaft
- Klemens Maria Hofbauer - seine Bedeutung für unsere Zeit
- Sudetendeutsche Glaubenszeugen: Ivan Merz
- Einladung zur Jahrestagung und Mitgliederversammlung
- Namen und Neuigkeiten
- Sind Hochzeitslieder zum Weinen?
Vorwort des Vorsitzenden
Liebe Mitglieder und Freunde des Sudetendeutschen Priesterwerks,
Geschichte wiederholt sich nicht. Sie ist so einmalig wie die Menschen, die sie zu je ihrer Zeit gestalten und so einmalig wie die Umstände sie prägen, z.B. im Bereich der technischen Entwicklung, Was sich allerdings wiederholt, sind Muster. Der Dreißigjährige Krieg wurde mit anderen Waffen geführt als der Zweite Weltkrieg – verheerend für Land und Leute waren beide.
Es sind zutiefst dem Menschen innewohnende Impulse, meist wenig rational, die ihn immer gleich handeln lassen. Und es sind die Mechanismen der Masse, hinter der das Individuelle zurücktritt, wenn erst einmal eine kritische Zahl an Beteiligten überschritten ist.
Am Beginn eines neuen Jahrzehnts legt sich der Vergleich mit den letzten 20ern, denen des 20sten Jahrhunderts nahe. Ein Fehler freilich wäre es, die „Goldenen“ – die in Deutschland keine fünf Jahre gedauert haben, nämlich von der Hyperinflation bis zum Börsencrash – als Muster zu nehmen. Zumindest für Europa gelten heute vollkommen andere Voraussetzungen. Wir haben inzwischen Erfahrung damit, wohin ein sich versteigender Nationalismus führt. Das konnten die Menschen vor 100 Jahren noch nicht wissen. Gerade aber weil wir auch um Muster und Mechanismen wissen, müssen wir immer wachsam sein, dass bestimmte Schwellen nicht überschritten werden.
Hier haben wir als Kirche noch weitaus mehr Erfahrungen einzubringen. Es gibt ja Menschen, die am liebsten alles „Brutale“ aus der Heiligen Schrift, vor allem aus dem Alten Testament herausstreichen möchten – aber nur wer zu seiner Geschichte steht, kann aus ihr lernen. Dafür gibt es in der Kirche viele Beispiele. Aktuell und bitter: das Thema Misshandlung und Missbrauch. Gerade weil wir uns nicht (mehr) vor der Auseinandersetzung mit diesem dunklen Fleck drücken, können wir ein Beispiel geben. Das ist Aufgabe der ganzen Gemeinschaft der Kirche und darf deswegen auch einmal Erwähnung in einem Vorwort unseres Priesterwerkes finden.
Ihr
Pfarrer und Regionaldekan
BGR Holger Kruschina
Vorsitzender des SPW
Ostergruß des Vertriebenenbischofs
Heraus aus des Grabes Nacht
„Da verließen sie (Maria aus Magdala, Maria, die Mutter des Jakobus, und Salome) das Grab und flohen; denn Schrecken und Entsetzen hatte sie gepackt“ (Mk 16,8)
Die Perspektive einer Grabeshöhle, wie wir sie auf dem Bild sehen, müssen eigentlich alle gehabt haben, die am Ostertag das Grab Jesu wieder verlassen haben. Sie wird aber in den Ostererzählungen nur ganz kurz und nicht sehr frohmachend beschrieben. Voll Schrecken und mit vielen Fragen haben die Frauen das Grab Jesu verlassen. Manchmal ist auch vom Glauben die Rede, aber es überwiegt doch selbst bei den Aposteln der Zweifel.
Wer das Foto anschaut, das aus einer Grabeshöhle heraus gemacht worden ist, sieht aber eigentlich etwas sehr Schönes und Frohmachendes. Der Betrachter kommt aus der Dunkelheit und geht ans Tageslicht. Er steigt aus der Tiefe und die Höhe. Was ihn draußen erwartet, kann er nicht genau erkennen. Das ist so, als ob wir nach einer Tunnelfahrt wieder ans Tageslicht kommen und das Tageslicht uns blendet. Der Autofahrer muss dann besonders aufmerksam sein, dass er nicht ein Hindernis übersieht und Schaden verursacht. Die Wirklichkeit im Tageslicht hat sich nicht verändert, aber unsere Augen haben Mühe, diese Wirklichkeit wieder richtig wahrzunehmen. Es liegt an unseren Augen – nicht an der Wirklichkeit.
Das Osterfest will uns wieder die neue Wirklichkeit bewusst machen, die manchmal verborgen liegt und unser Denken nicht ständig prägt. Dass wir durch die Taufe vom Tod erstanden sind, singen wir zwar in den Osterliedern und bekennen es im Glauben, aber wir vergessen es auch schnell in der Hektik des Alltags. Weil es Auferstehung aus dem Dunkel des Todes gibt, können wir an den Gräbern das Halleluja singen. Die trauernden Angehörigen verlassen sich dann darauf, dass die Freunde und Bekannten es laut singen, weil es ihnen im Augenblick des Abschieds von einem lieben Menschen die Stimme verschlagen hat. Aber auch andere ausweglos erscheinende Situationen in der Arbeitswelt, Politik, Umwelt und Kirche können sich durch den Blick aus der Grabeshöhle verändern. Das Gebet und die Feier von Tod und Auferstehung Jesu im Gottesdienst laden zur Veränderung der Perspektive ein. Vielleicht ist das Gebet am Morgen und Abend mühsam und lediglich eine Pflichterfüllung, aber es rahmt den Tag und das Leben ein, das von der Liebe des Auferstandenen umfangen ist. Er wünscht sich für uns von Herzen, dass wir mit ihm aus dem Grab und seiner Dunkelheit auferstehen. Nehmen wir seine ausgestreckte Hand gern an und lassen wir uns führen. Jesus Christus kennt den Weg aus dem Grab und ist ihn gegangen. Er kennt das Licht nach der Dunkelheit und führt uns dorthin, wo alles verklärt wird, d.h. klar, rein und leuchtend froh.
Frohe Ostern und die Erfahrung von Licht am Ende des Tunnels wünsche ich daher von Herzen.
Weihbischof Dr. Reinhard Hauke,
Beauftragter der Deutschen Bischofskonferenz für die Seelsorge an den Vertriebenen und Deutschen aus Russland
Ostergruß des Präses der Sudetendeutschen
Liebe Mitchristen,
auf dem Weg nach Ostern, dem größten Fest der Christenheit, möchte ich mit Ihnen meine Freude teilen! Ich freue mich, mit Ihnen das Evangelium zu bezeugen.
Die österliche Erfahrung der Emmaus-Jünger lehrt uns, wie Ostern erlebt werden kann. Nach Jesu Tod hatten die beiden Jünger enttäuscht Jerusalem verlassen. Sie dachten, ihre Pläne hätten sich zerschlagen, weil ihr Herr und Meister seine Macht verloren hat. Es geschah aber, dass der lebende Jesus ihnen erschien, den Weg mitgegangen ist, ihnen die Schrift erklärte und mit ihnen das Brot brach. Diese Begegnung mit dem Auferstandenen brachte eine Kehrtwende, ermöglichte den Jüngern, das Wirken Jesu und seine Sendung zu verstehen. Froh kehrten sie nach Jerusalem zu den anderen Jüngern zurück. Die Begegnung auf dem Weg nach Emmaus kann ein Muster für fruchtbare Alltagsbegegnungen werden - innerhalb und außerhalb der Kirche. Im Zentrum solcher Begegnungen steht Christus.
Der ehemalige Ordensmeister des Dominikanerordens, Pater Timothy Radcliffe, hat ein Buch verfasst mit dem Titel: Warum Christ sein? Diese Frage kann jede und jeder sich stellen. Auch ich frage mich immer wieder, warum ich Christ bin. Meine Antwort lautet. Ich bin Christ, weil die Begegnung mit Jesus mir wichtig ist; weil Jesus, der Auferstandene, eine zentrale Rolle in meinem Leben spielt.
Die beiden Emmaus-Jünger ließen sich auf Jesus ein – sie begegneten Jesus und erlebten so Ostern!
Lassen wir Begegnungen mit Jesus zu und feiern wir in diesen Begegnungen die Auferstehung!
Lasst uns das Leben feiern!
Denn:
Das Licht hat die Nacht überwunden.
Die Freude hat die Traurigkeit verjagt.
Die Liebe war stärker als der Hass.
Das Lebenhat den Tod besiegt.
(Gisela Baltes)
Ihnen und all den Ihnen Anvertrauten
Frohe Ostern!
Msgr. Dieter Olbrich
Präses für die Seelsorge der Sudetendeutschen
Exerzitien für Priester und Diakone
Vom 24. bis 28.November 2019 trafen sich 12 Priester und Diakone des „Sudetendeutschen Priesterwerkes mit Weihbischof Dr. Josef Graf aus Regensburg zu Exerzitien.
Das Missionshaus der Pallotiner in Hofstetten, 40 km östlich von Regensburg im Bayerischen Wald zwischen Falkenstein und Michelsneukirchen, bot in unberührter Natur zwischen sanften Hügeln und grünen Wäldern eine hervorragende Kulisse für die Exerzitien.
Sieben sehr interessante Vorträge durch Weihbischof Dr. Josef Graf bildeten das Zentrum.
Mit dem Thema“ Gott führte das Volk Israel in die Wüste, um ihm „zu Herzen zu reden“ begannen die Exerzitien. Mit den Themen: Von Gott aus Liebe ins Leben gerufen, Berufen zum Gotteslob, Mit Talenten begabt und berufen zur Teilhabe „Am Freudenfest des Herrn“, Berufen zur Gotteskindschaft und bereit zur Liebe, Berufen zum „mit ihm sein“ und in der Nachfolge und Schicksalsgemeinschaft mit dem Herrn gerufen, hat uns unser Exerzitienleiter Grundlagen geschaffen. Wir konnten uns dann im Gebet und im Nachdenken mit den Themen auseinandersetzen und in Ruhe diese Tage wirklich genießen. Daneben haben wir gemeinsam die Stundengebete gebetet und waren dem Herrn in der Eucharistiefeier nahe.
Die Unterkunft in den ruhigen, einfachen Einzelzimmern und die außerordentlich gute Versorgung durch die Küche trugen zum Wohlfühlen bei.
Wir konnten wirklich schöne und hilfreiche Tage in einer tragenden Gemeinschaft erleben und danken Weihbischof Dr. Josef Graf sehr herzlich für seine tolle Art.
Pfarrer Alois Schmidt
Neujahrsgottesdienst der Sudetendeutschen Landsmannschaft
Seit vielen Jahren begeht die Sudetendeutsche Landsmannschaft, Kreisgruppe München - Stadt und Land, zu Beginn des neuen Jahres einen festlichen Neujahrsgottesdienst in der St. Michaels-Kirche in München. Auf Einladung des Vorsitzenden, Hans Slawik, fand er am Sonntag, dem 12. Januar 2020 statt.
Unter dem Klang der Orgelmusik zogen Trachtenabordnungen mit ihren elf bunt gestickten Fahnen und farbenprächtigen Heimattrachten in die barocke Michaelskirche ein. Es folgten die Ministranten und in diesem Jahr fünf Geistliche: Monsignore Dieter Olbrich, Präses der sudetendeutschen Katholiken (Mutter aus Mährisch-Schönberg, Vater aus Fulnek), Monsignore Karl Wuchterl, Ehrenvorsitzender des Sudetendeutschen Priesterwerks und ehemaliger Visitator (aus Nedraschitz, Kreis Mies), Pfarrer Dr. Emil Valasek (aus Troppau), Dekan Adolf Rossipal (Vorfahren aus Neutitschein) und Pfarrer Mathias Kotonski (Vorfahren aus Freudenthal).
Vor Beginn der Messe begrüßte SL-Kreisobmann der Kreisgruppe München – Stadt und Land, Hans Slawik, herzlich alle Landsleute und Anwesende, darunter auch den Landesvorsitzenden des Bundes der Vertriebenen Bayern, Christian Knauer, den Bundesvorsitzenden der Sudetendeutschen Landsmannschaft, Bernd Posselt, sowie den Landesobmann der Sudetendeutschen Landsmannschaft Bayern, Steffen Hörtler.
Bei der Eröffnung des Hochamtes machte Hauptzelebrant Monsignore Olbrich auf das Fest der Taufe Jesu Christi aufmerksam, das am Sonntag nach der Erscheinung des Herrn in der Kirche gefeiert wird und nach dem liturgischen Kalender den Abschluss des Weihnachtsfestkreises bildet. So schritt Olbrich auch durch den Mittelgang der Kirche und teilte Weihwasser aus, um die Gläubigen an die eigene Taufe zu erinnern. Die Lesung aus dem Buch Jesaja übernahm Maria Anna Bittner, eine Nachgeborene aus dem Kuhländchen und Lektorin in St. Michael in München. Pfarrer Mathias Kotonski verkündete das Evangelium von der Taufe Jesu im Jordan. In seiner Predigt ging Olbrich nochmals auf die Frohe Botschaft ein und bezeichnete Jesus als einen Freund von allen Menschen, auch der Schwachen, Notleidenden und Außenseiter. So sollen alle als geliebte Söhne und Töchter von Gott auch seine Liebe an alle weitergeben. Was auch das Jahr bringen mag, durch das Wohlwollen Gottes können es die Menschen mit einer gewissen Gelassenheit und Mut annehmen.
Auch die vielfältige musikalische Umrahmung bereicherte das feierliche Hochamt. Als Mitwirkende gab der Chor der Sudetendeutschen Landsmannschaft mit der Böhmerwald Sing- und Volkstanzgruppe München, der Egerländer Gmoi z‘ Geretsried und dem Iglauer-Singkreis München unter der Leitung von Roland Hammerschmied von der Egerländer Gmoi z‘ Geretsried dem Gottesdienst ein festliches Gepräge. Ebenso beeindruckten in besonderer Weise die Iglauer Stub’nmusik München und der Chordirektor Thomas Schmid aus der Heimatlandschaft Altvater an der Orgel. Sie klangen. mit den Stücken aus der Waldler- und Iglauer Andachtsmesse, dem Andachtsjodler und dem berühmten Lied „Stille Nacht, heilige Nacht“ Musik und Gesang zum Lobe Gottes harmonisch zusammen.
Im Anschluss an den Gottesdienst trafen sich die Teilnehmer zum Jahresauftakt in der Gaststätte „Augustiner“ zum gemütlichen Beisammensein. Man sprach vom ergreifenden Hochamt, führte interessante Gespräche und tauschte heimatliche Erinnerungen aus. Kreisobmann Slawik gelang eine nette Überraschung und ehrte viele Mitglieder für ihre langjährige Zugehörigkeit zur Sudetendeutschen Landsmannschaft mit einem Glas Sekt. So ging ein eindrucksvoller Nachmittag seinem Ende entgegen, an den man sich immer wieder gerne erinnert und der schon Vorfreude auf diese alljährlich stattfindende Veranstaltung weckte.
Ulf Broßmann
Klemens Maria Hofbauer - seine Bedeutung für unsere Zeit
Seit Anfang dieses Jahrhunderts gab es schon mehrmals „Klemensjahre“. 2001 wurde an seine Geburt vor 250 Jahren gedacht, 2009 Rückschau auf die Heiligsprechung im Jahre 1909. 2014 waren es 100 Jahre, seit Klemens zum Stadtpatron von Wien wurde. Und in diesem Jahr – 2020 – sind es 200 Jahre nach seinem Tod. Die Veranstaltungen in diesen Gedenkjahren wurden nicht nur von den Redemptoristen getragen. Diözesen und Städte (Warschau, Znaim, Wien) spielten mit, nicht zu vergessen die Landsmannschaft der Südmährer, deren Patron der hl. Klemens ist. Von da aus gesehen, ist Klemens immer wieder in die Gegenwart hereingetreten, und es ist zu erwarten, dass der Heilige uns auch heute etwas zu sagen hat.
Im Rahmen unseres Mitteilungsblatts möchte ich seine Bedeutung vor allem im Blick auf drei Punkte erläutern, die man als die „Grundvollzüge“ bzw. „Grunddimensionen“ von Kirche bezeichnet: Martyria, Liturgia, Diakonia. Es handelt sich um Aspekte und Bereiche, die ineinandergreifen.
I. Martyria: Glaube und Glaubenszeugnis
Die Kirche lebt im Glauben an Gott, der sie immer neu zusammenruft, und den sie in der Welt zu bezeugen hat, in der jeweiligen Zeit und Gesellschaft. Dass es in unserem Lande Christen gibt, Menschen, die aus Überzeugung die wesentlichen Inhalte der christlichen Botschaft bejahen und bekennen, ist immer weniger selbstverständlich. In dieser Situation braucht es eine treffende und anziehende Vermittlung der Glaubenswahrheit.
Vor dieser Aufgabe stand zu seiner Zeit auch der hl. Klemens, und er hat sich ihr gestellt. Er war sich bewusst, dass „das Evangelium immer neu gepredigt werden“ müsse, wie er selbst sagte. Er hat nicht betont Moral verkündet, hat nicht Anweisungen für bürgerliches Wohlverhalten gegeben. Er hat die Leute aus der bloßen Beschäftigung mit sich selbst vor die Wirklichkeit Gottes geführt. Er hat Jesus gezeigt, in seiner vertrauenden Beziehung zum „Vater“, und in seinem Einsatz für das Heil des ganzen Menschen. Und Klemens hat glaubhaft gemacht, dass sich der Geist Gottes und Christi in der Kirche ein Medium geschaffen hat, in dem sich Orientierung, Hoffnung und helfende Liebe ausbreiten können. „Inmitten einer todernsten, würdigen, moralischen und staatsbezogenen Zeit und Religion“ (H.Schermann) schenkte Klemens den Menschen eine lebendige Ahnung von dem, was den Menschen über sich hinaushebt und zutiefst erfüllen kann.
Was beeindruckt hat, war die Tatsache, dass Klemens unverkennbar in und aus dem Glauben lebte und daraus seine Kraft bezog. Was er sagte, war nicht angelernt und nachgeplappert. Es kam aus eigener Erfahrung. Deshalb fühlten sich auch Menschen von ihm angesprochen, die ihm intellektuell überlegen waren.
Glaube und Beten haben sich bei ihm durchdrungen. Das Gebet war nicht etwas, das er ab und zu einschaltete. Es war ein Tiefenstrom, der alles durchzog. Aber so, fundiert, konnte er sich ganz den Menschen zuwenden, die er vor sich hatte.
Sein klares und frohes katholisches Glaubensbewusstsein kannte kaum verunsichernde Glaubensnöte, aber sein fester Glaube war nicht von simpler Enge. Er hat zum Beispiel Protestanten eine echte christliche Frömmigkeit zuerkannt. Erstaunlich ist seine Aussage, dass sich die Reformation verbreitet habe, weil „die Deutschen das Bedürfnis haben, fromm zu sein“. – Und, bei aller hoher Verehrung für den Papst: „Rom“, der „Vatikan“ war ihm keine jeder Kritik enthobene Instanz. So hielt er es nicht für richtig, dass die Bischöfe alle von Rom ernannt werden, wo man die Situation vor Ort nur wenig kenne.
Wichtig war ihm der Austausch im Glauben. Dem dienten die von ihm organisierten „Leseabende“ oder „Abendkonferenzen“. Da versammelten sich in seiner Wohnung Studenten, Gelehrte und sonstige Interessierte. Man las bestimmte Texte und diskutierte darüber.
Der Glaube an den lebendigen Christus hat ihm auch geholfen, durchzuhalten bzw. immer neu anzufangen, wenn ihm Erreichtes zerschlagen wurde. Das musste er oft erleben. Man denke an die Zerstörung seines Werkes, das er in Warschau in zwanzig Jahren aufgebaut hatte!
II: Liturgia: Feier der Heilstaten Gottes
Thomas von Aquin war der Meinung, dass ein ausdrücklicher Glaube von allen Christen nur für diejenigen Glaubenswahrheiten gefordert werden müsse, die mit Festen zusammenhängen bzw. an Festen gefeiert werden (De Ver., 14,11; Summa Theol. II II, 2,7). Der Glaube ist kein bloßes Fürwahrhalten, sondern eine ganzheit-liche Ausrichtung auf Gott, in der Vertrauen und Dankbarkeit enthalten sind. Daher besteht ein wesentlicher Zusammenhang zwischen Bekenntnis und Feier. Die klassischen Glaubensbekenntnisse sind ja Elemente der Liturgie (Taufe und Eucharistie).
Klemens hat diesen Zusammenhang erkannt und praktisch umgesetzt. Er hat in Warschau und in Wien auf schön und eindrucksvoll gestaltete Gottesdienste Wert gelegt. Der Gottesdienst sollte Freude machen, „erheben“ und mitziehen. Musik, in Liedern und Instrumenten, oft auch Orchestermusik waren einbezogen. Letzteres hat Klemens auch gegenüber dem Ordensgeneral in Italien verteidigt. Augen, Ohren und Gemüt sollten angesprochen sein. Die Musik war überhaupt ein Elixier seines Lebens. Er hat gern gesungen. Als er und P.Hübl wieder einmal in Wien waren (1806) und dort nicht viel ausrichten konnten, kam ihnen der Gedanke, ein Piano zu kaufen und es nach Warschau bringen zu lassen.
Klemens kann uns ermutigen, für eine lebendige Liturgie zu sorgen. Uns sind ja Möglichkeiten der Gestaltung gegeben, die Klemens in der rubrizistischen Liturgie seiner Zeit nicht verfügbar waren. Auch die heute offizielle Ordnung der Liturgie gibt Spielräume, die genutzt werden müssen.
III. Diakonia: Dienst am Leben der Menschen, in der Kirche und darüber hinaus
Glauben und Liturgie sind keine in sich abgeschlossenen Bereiche. Sie müssen sich verbinden mit dem Auftrag und Anliegen, dem Heil und Wohl des ganzen Menschen, nach Seele und Leib, zu dienen. Das ist gemeint, wenn von „Diakonia“ gesprochen wird. Diese Ausrichtung ist von Jesus her eindeutig vorgegeben.
In diesem Punkte war Klemens zweifellos vorbildlich. In Warschau gingen er und P.Hübl schnell daran, Schulen für Kinder armer Leute einzurichten. In den öffent-lichen Schulen wurden fast nur Kinder und Jugendliche der oberen Schichten unterrichtet. In der „Armenschule“ kamen durchschnittlich 400 bis 500 Schüler und Schülerinnen unter. Daneben gab es eine Ausbildung für handwerkliche Berufe. Später kam dazu ein Heim für Waisen- und Findelkinder, und eines für Mädchen, die es schwer hatten, in der Großstadt unterzukommen. Für all das musste Geld erbettelt werden, mit der Zeit gab es Zuschüsse von Seiten des polnischen Staates. Der Unterricht wurde zum Teil von den Patres und Studenten der Warschauer Kommunität der Redemptoristen übernommen.
In diese Zeit fällt eine oft zitierte Geschichte. Klemens sammelte in einem Gasthaus Spenden für seine Schützlinge in den Heimen und Schulen. Als ihm dabei Einer ins Gesicht spuckte, habe Klemens geantwortet: „Das war jetzt für mich. Nun geben Sie mir auch noch etwas für meine Armen!“
Schon die ersten Biographen zeigen, dass „Seelsorge“ für Klemens nicht nur Bemühen um das „Heil der Seele“ bedeuten konnte. Er vertröstete Bedürftige nicht auf das jenseitige Glück. Er half an Ort und Stelle. „Dem Künstler, der sein Gemälde nicht losbrachte, half er mit Geld aus der Verlegenheit. Für die Studenten, die sich (in Wien) bei ihm zum Gebet und Gespräch trafen, hatte er immer etwas Essbares im Schrank, und fast täglich sah man ihn, wie er unter seinem weiten Mantel Brot und Suppe zu den Armen und Kranken in ihren Elendsquartieren in den Vorstädten hinaustrug“ (Otto Weiß).
Klemens hatte noch nicht die Armut im Blick, die eine Folge der Industrialisierung war. Die „soziale Frage“ mit ihren strukturellen und politischen Aspekten wurde aber aktiv von Männern aufgegriffen, die von Klemens beeinflusst waren; so die frühen Biographen des Heiligen, Sebastian Brunner und Georg Freund. –
IV. Ein Nachgedanke: Der Europäer Klemens
In einer Zeit, in der Europa auch eine politisch organisierte Wirklichkeit geworden ist, ist es interessant, den Heiligen als einen Mann zu betrachten, der in vielen Ländern Europas gelebt und gewirkt hat.
Er war von Geburt an in zwei Sprachen und Kulturen beheimatet. Seine Mutter war deutschsprachig, sein Vater Tscheche (Mähren). Das Land, aus dem er stammte und aufwuchs, hatte ein multinationales Gepräge: das habsburgische Kaiserreich. Schon als junger Mensch hatte Klemens Italien kennengelernt: auf Wanderungen nach Rom, als Eremit in Tivoli. In Rom wurde er Redemptorist und Priester. 1787 kam er nach Warschau. Hier fand er ein Arbeitsgebiet und die Möglichkeit, eine zahlmäßig beachtliche Ordenskommunität zusammenzuführen. Er beherrschte die polnische Sprache und liebte die Polen. In Warschau waren auch Franzosen eingetreten. Von dort aus gab es Gründungen in Deutschland und in der Schweiz. Schließlich wurde Wien 12 Jahre lang „seine Stadt“.
Professor Rudolf Grulich hat gezeigt, dass Klemens auch für Nordost –und Südosteuropa missionarische Einsätze geplant und organisiert hat. Als er als Neupriester mit Thaddäus Hübl aus Italien kam, war sein Ziel Kurland (Lettland), in Österreich konnten sie als Ordensleute nicht arbeiten. Es kam in Kurland zu einer Gründung im Hauptort Mitau (1795-99). Hofbauer reiste auch nach Ostpreußen, von wo Kandidaten nach Warschau gekommen waren. In der Diözese Ermland blieb das Andenken an Klemens noch lange lebendig. In Südosteuropa kam 1815 eine Niederlassung in Bukarest zustande. Von dort gingen Redemptoristen auch nach Bulgarien. Für Bulgarien (Nikopolis) wurde Klemens sogar das Bischofsamt angetragen. Die Tätigkeit der Redemptoristen in den Balkanländern stieß auf verschiedene Schwierigkeiten und konnte nicht lange durchgehalten werden.
Zum Schluss ein paar Stichworte, die das Wirken des hl. Klemens kennzeichneten, und die wir uns zu Herzen nehmen können: Erneuerung der Kirche von ihrer Mitte her; unentwegtes Bemühen; nahe bei den Menschen sein; Glaube an eine Zukunft.-
P. Augustin Schmied CSsR
Sudetendeutsche Glaubenszeugen: Ivan Merz
Ivan Merz (1896-1928)
geboren: 16. Dezember 1896 in Banja Luka (Bosnien)
gestorben: 10. Mai 1928 in Zagreb
seliggesprochen: 23. Juni 2003
Gedenktag: 10. Mai
Der Vater von Ivan war 1878 aus dem Egerland in das damals habsburgische Bosnien gekommen. Ivan machte sein Abitur in Banja Luka und begann dann in Wien Literaturwissenschaft zu studieren. Wegen des Ersten Weltkriegs musste er einrücken. Nach dem Krieg setzte er sein Studium in Wien und dann in Paris fort. Seit 1922 unterrichtete er Französisch in Zagreb. Die Erfahrung des Kriegs führte ihn zu einer vertieften Gläubigkeit. Er wurde Vorkämpfer der liturgischen Bewegung und der Katholischen Aktion in seiner Heimat und arbeitete in verschiedenen Zeitschriften mit. Sein Lebensmotto lautete: "Opfer-Eucharistie-Apostolat".
Jede apostolische Aktivität setzt die Pflege des eigenen religiösen Lebens voraus:
"Wer die Seelen der anderen retten will, muss vor allem wissen, wie er seine eigene Seele retten kann. Nur wenn wir unsere eigene Seele dem Herrgott anzubieten verstehen, werden wir imstande sein, es auch mit der Seele unseres Nächsten zu tun. Das Fundament unserer apostolischen Arbeit und ihres Erfolgs liegt also in uns selbst, in unserer eigenen Beziehung zu Jesus, der in uns leben soll. Die Pflege unseres eigenen Intellekts, des Willens und Gefühls ist die Vorbedingung für unsere Arbeit außerhalb unserer Reihen.
Welche Mittel sollen wir aber anwenden, um vor allem uns selbst zu bilden: die morgendliche Meditation alle Tage, die häufige Teilnahme an der Heiligen Messe und der Empfang der Sakramente, die tägliche Gewissenserforschung und die geistliche Lesung. Wenn wir dies tun, wird das Leben Jesu in uns immer lebendiger und stärker, dann werden wir den Sinn des Lebens und die Heilsökonomie besser verstehen und wir werden uns Rechenschaft geben von der Liebe, mit der unsere Liebe - Jesus - jede menschliche Seele liebt. Es ist darum falsch, was oft geschieht, dass wir unsere Gegner angreifen, ohne ihre irrigen Ideen, an denen sie festhalten, von ihren unsterblichen Seelen, die es zu retten gilt, zu unterscheiden."
Dabei zeichnet Ivan Merz eine große Hochschätzung der Liturgie aus:
"Die verschiedenen liturgischen Zeiten führen uns in die Hauptgeheimnisse unseres heiligen Glaubens ein. So lernen wir im Verlauf des Jahres das ganze Leben Jesu kennen. ... Die Liturgie ruft außerdem das Leben der Seligen Jungfrau Maria, die Engel und schließlich die ganze Geschichte der Heiligen Kirche in Erinnerung, so wie sie in ihren Vertretern - den Heiligen - repräsentiert wird."
"Mittels der Meditation der Liturgie wird jeder Katholik groß und universell. Seine eigenen persönlichen Interessen zurückstellend beginnt er zu empfinden, was die Kirche empfindet, diesen großartigen Widerschein des unbegrenzten Christus. Mittels der Liturgie wird jede einzelne Seele erzogen. Ja, man kann sagen, dass die Liturgie Pädagogik ist im wahren Sinne des Wortes. ... Mittels der katholischen Liturgie meditieren alle Menschen auf Erden am selben Tag die gleichen Dinge und auf diese Weise verstärkt sich das Bewusstsein der katholischen Einheit aller Völker. Schließlich, mittels der Liturgie erweist der Mensch Gott in vollkommenster Weise die Ehre, die Ihm gebührt. Mit dem liturgischen Gebet vereint sich der Gläubige mit den Chören der Engel, die unaufhörlich den Schöpfer loben und so beginnt der Mensch schon auf dieser Erde sich in dem Dienst zu üben, den er voll Freude in Ekstase in der Ewigkeit verrichten wird."
[Giampaolo Mattei, Ivan Merz. Un programma di vita e di azione cattolica per i giovani di oggi, Quaderni de <L´osservatore Romano> 66, Città del Vaticano 2003, S. 52.62f, eig. Übers.]
Abt em. Emmeram Kränkl OSB
Einladung zur Jahrestagung und Mitgliederversammlung
Liebe Mitbrüder,
zur Jahrestagung und zur Mitgliederversammlung des Sudetendeutschen Priesterwerkes e.V. lade ich Sie/ Euch ganz herzlich vom
19. bis 22. April 2020
in das Bistumshaus St. Otto, Heinrichsdamm 32, Bamberg, ein.
Zur Jahrestagung sind auch interessierte Nichtmitglieder herzlich willkommen!
Wir beginnen - wie gewohnt - am Sonntagabend mit dem Abendessen um 18.00 Uhr und beenden unsere Versammlung mit dem Mittagessen am Mittwoch um 12.00 Uhr.
Der Montag ist wieder als Studientag geplant, die Mitgliederversammlung für Dienstag - und Mittwochvormittag.
Am Montag referiert Kaplan Markus Ruhs aus Chemnitz zum Thema "Die katholischen Studenten im Visier der Stasi". Außerordentlich freuen wir uns, dass wir als zweiten Referenten Weihbischof Vaclav Malý aus Prag, ein Mann der bewegten Jahre des Umbruchs für Staat und Kirche in Tschechien zugesagt hat und authentisch über die Erfahrungen dieser Zeit berichten wird.
Am Dienstag ist einen Halbtag lang ein Ausflug ins ehemalige Kloster Ebrach geplant, das heute ein Gefängnis ist. Wenn möglich wollen wir uns dort auch ein wenig über die Gefangenenseelsorge informieren.
Die zweite Hälfte des Dienstags und der Mittwochvormittag sind dann für unsere Mitgliederversammlung und alle Regularien vorgesehen.
Laudes und Vesper beten wir aus dem Stundenbuch. Wer konzelebrieren will, müsste Albe und Stola selber mitbringen.
Den Tagungsbeitrag von € 175,00 (für Mitbrüder aus Tschechien: 500 CK) überweist bitte bis zum 31. März 2020 auf das u.a. Konto des Vereins.
Wer mit dem Zug anreist, den holen wir gerne am Bahnhof in Bamberg ab, wenn er auf der Anmeldung die Ankunftszeit mitteilt.
Ich freue mich darauf, Euch wieder zu sehen oder Neue kennenzulernen. Ich wünsche Ihnen/ Euch eine gute Anreise und grüße Sie/ Euch herzlich.
Holger Kruschina, Vorsitzender
SPW Mitgliederversammlung
Am 21./22.4.2020
Im Bistumshaus „St. Otto“, Bamberg
Tagesordnung:
1. Begrüßung und Eröffnung durch den Vorsitzenden
2. Feststellung der Beschlussfähigkeit
3. Genehmigung der Tagesordnung
4. Genehmigung des Protokolls der Mitgliederversammlung 2019
5. Bericht des Vorstandes
6. Bericht des Geschäftsführers
7. Jahresrechnung 2019
8. Bericht des Wirtschaftsprüfers
9.Entlastung des Vorstandes
10. Haushaltsplan 2020
11. Anträge
12. Berichte
13. Veranstaltungen im Jahr 2020
14. Termin und Ort der nächsten Mitgliederversammlung
15. Verschiedenes
Namen und Neuigkeiten
Dr. Bertram Meier wird Bischof von Augsburg
Am 29.01.2020 hat Papst Franziskus Dr. Bertram Meier zum neuen Bischof von Augsburg ernannt. Der neue Bischof wurde 1960 in Kaufering geboren und 1985 in Rom zum Priester geweiht. 1989 wurde er in Rom mit einer Arbeit über den „bayerischen Kirchenvater“, Professor in Dillingen und Bischof von Regensburg Johann-Michael Sailer zum Doktor der Theologie promoviert. Nach seelsorglicher Tätigkeit in seiner Heimatdiözese war er von 1996 – 2002 Leiter der deutschsprachigen Abteilung im Staatssekretariat des Vatikans. Als Domkapitular in Augsburg war er mit der Leitung verschiedener Abteilungen im Bischöflichen Ordinariats betraut. Nach dem altersbedingten Rücktritt von Bischof Dr. Konrad Zrdarsa wählte ihn das Domkapitel zum Diözesanadministator. Mit der Bischofweihe am 21.03.2020 durch den Metropoliten der Kirchenprovinz München und Freising, Kardinal Reinhard Marx wird er sein Amt als Bischof von Augsburg antreten.
Dr. Bertram Meier ist ein Bischof mit Wurzeln im Sudetenland, stammt doch seine Mutter aus Domsdorf im Kreis Freiwaldau im Altvatergebnirge. Als Referent für Weltkirche förderte er die Partnerschaft zwischen kirchlichen Schulen aus den Diözesen Leitmeritz und Augsburg. Auch mit der Ackermann-Gemeinde in der Diözese Augsburg ist er eng verbunden, feierte mit ihr Gottesdienste und nahm gelegentlich an ihren Veranstaltungen teil.
Holger Kruschina zum Bischöflich Geistlichen Rat ernannt
Ende Januar ernannte der Regensburger Bischof Dr. Rudolf Voderholzer unseren Vorsitzenden Holger Kruschina zum Bischöflichen Geistlichen Rat. Dabei würdigte er seine langjährige Tätigkeit als Landvolk-Seelsorger und nun als Stadtpfarrer von Roding und Regionaldekan. Der Bischof erwähnte ausdrücklich, dass er sich zudem auch als Vorsitzender des Sudetendeutschen Priesterwerks engagiert.
Dr. Stanislav Drobny im Vorstand des Sudetendeutschen Priesterwerks
Um der Tatsache Rechnung zu tragen, dass es im Sudetendeutschen Priesterwerk seit zwei Jahren auch tschechische Mitglieder gibt, hat die letzte Mitgliederversammlung beschlossen, zwei tschechische Mitbrüder als Beisitzer in den Vorstand aufzunehmen. Gewählt wurden dafür Jiri Marek Koterba und Dr. Stanislav Drobny. Letzteren wollen wir Ihnen kurz vorstellen:
Dr. Stanislav Drobny wurde am 20. Mai 1968 in Brünn geboren. Nach dem Abitur studierte er Theologie von 1986-1989 im Priesterseminar in Leitmeritz und nach der Wende in Olmütz. Am 2. April 1993 wurde er in Brünn zum Priester geweiht. Von 1992-1998 absolvierte er ein Aufbaustudium in Frankfurt/St. Georgen, das er mit der Promotion in Dogmatik mit einer Arbeit zur ökumenischen Theologie abschloss. Seit 1998 ist er als Pfarrer in Brünn tätig und war daneben Dozent in den Bereichen Dogmatik und Fundamentaltheologie an der Theologischen Fakultät in Prag und ist es gegenwärtig an der Pädagogischen Fakultät in Brünn in der Ausbildung der Katecheten im Bistum Brünn.
Sind Hochzeitslieder zum Weinen?
Jedesmal überlege ich, ob ich mich als „Spielverderber“ in den Ring begebe, wenn sich ein Paar zur Hochzeit anmeldet, wenn ich ein Brautleuteseminar gestalte oder wenn das eigentliche Traugespräch stattfindet, aber es drängt mich. Oft schon habe ich gehört, dieses oder jenes würden „Pfarrer nicht gerne hören“. Und vermutlich erzählt man anderswo Ähnliches von mir…
Grundsätzlich: Es gibt bei der kirchlichen Trauung im katholischen Ritus mittlerweile eine unterschiedlich große Schnittmenge zwischen dem, was sich Paare darunter vorstellen und dem, was die Kirche darunter versteht. Viele wollen einfach „schön heiraten“ – das ist an sich nicht verwerflich! Aber für uns Katholiken ist die Ehe ein Sakrament, das - vereinfacht gesagt - als solches gefeiert gehört: zwei Menschen lernen sich kennen und lieben, entschließen sich zum lebenslangen Ja zueinander und bekennen, dass sie in diesem Ja nicht nur ihre eigene Liebe und Treue, sondern auch das Wesen Gottes in dieser Welt abbilden wollen. Hierfür sprechen sie ihr Ja vor einem Amtsträger und in der anwesenden Gemeinde aus. So wird Sakrament, jedes davon – begonnen bei der Taufe – zur Gabe und zur Aufgabe, stiftet einen Bund zwischen Gott und Mensch.
Dass dieses Ereignis ans Herz geht und gefeiert werden will, wird niemand bezweifeln! Und doch geschieht hier weit mehr und weit Größeres als es sich in romantischen Nächten träumen lässt. Genau deswegen bleiben wir im Gottesdienst nicht bei der Romantik stecken, sondern nehmen die Ehe „in guten und in bösen Tagen“ in den Blick, zwei Menschen, die „aus freiem Entschluss und nach reiflicher Überlegung“ diesen Schritt tun. Und da fängt es an:
Nicht der Vater führt die Braut dem künftigen Ehemann zu! Zwei gleichberechtigte Menschen gehen diesen Schritt gemeinsam und auf Augenhöhe. Vielleicht gibt es auch bei uns Ecken, in denen das „schon immer so war“. Ich aber habe das als Kind nie gesehen und auch in meinen ersten Dienstjahren nicht erlebt. Es jetzt wieder einzuführen halte ich für anachronistisch und frauenfeindlich. (Oder haben Sie schon mal gesehen, dass die Bräutigammutter den Sohnemann reinführt?) Also bestehe ich darauf, diesen Hollywood Import als Retoure wieder in die Kiste zu packen.
Zum Gottesdienst gehört die Musik, festlich und – ja – auch innig. Sie ist aber nicht schmückendes Beiwerk, sondern elementarer Bestandteil der Liturgie. Sie bringt zum Ausdruck, was der Kern unseres Glaubens ist: wir preisen Gottes Heilshandeln und Güte, die heute sichtbar wird, weil zwei Menschen zueinander Ja sagen. Hierzu gibt es eine Fülle von musikalischen Möglichkeiten – von klassisch über rustikal, von Neuem Geistlichen Lied bis zum Gotteslob und – ja – auch manchen modernen „Pop-Song“. Aber: Liebeslieder als solche haben ihren Platz in der anschließenden weltlichen Feier, nicht im Gottesdienst. Ich bestehe ja, wenn ich eingeladen bin, auch nicht darauf, dass wir „Großer Gott“ als Brautwalzer singen…
Im Konkreten: Beim „Halleluja“ von Leonard Cohen handelt es sich nicht um Anregungen für die Brautnacht. Ich weiß auch, dass die Kinder nicht der Storch bringt und wer die Auswahllesungen zur Trauung aus der Bibel anschaut, der wird merken – manche Paare wählen auch bewusst einen dieser Texte – dass der liebe Gott nichts gegen Sex hat. „Halleluja“ aber bedient sich biblischer Bilder (David und Batseba, Samson und Delila), um über eine zerbrochene Liebe zu klagen – und das bei einer Hochzeit??? Da hilft es auch nicht, dass es Englisch ist, das „sowieso die meisten nicht verstehen“. Wegen dieses Argumentes haben wir mal Latein abgeschafft… . Ich habe bewiesen, dass es anders geht, dass ich den Wunsch vieler Paare verstehe, dass ich ihnen entgegenkommen möchte: Es bleibt mein Angebot, nach dem Segen, zum Auszug, die Tür zur anschließenden weltlichen Feier auch musikalisch aufzustoßen, ein oder zwei weitere „Lieblingslieder“ instrumental zu spielen: nach der Trauung, zur Kommunion. Ansonsten aber feiern wir auch musikalisch: Gottesdienst.
Ich habe auch bewiesen, dass ich kreativ bin: in einem kleinen Anhang zum Gotteslob in unserer Gemeinde findet sich ein deutscher Text für das „Halleluja“ auf die Trauung zugeschnitten. Ich habe auch einen solchen Text zur wunderschönen Melodie aus dem „König der Löwen“ geschrieben mit dem Titel „Hätte ich die Liebe nicht“, der eine der beliebtesten Hochzeitslesungen meditiert. Darin kommt kein einziges mal das Wort „Gott“ vor – und doch nimmt er das ganze Lied ein und eröffnet damit der Liebe zweier Menschen einen wunderbar großen Spielraum. (Ich hab das nur gereimt, der Autor ist ja Paulus…). Jedesmal dagegen, wenn ich einem Paar Tabaluga nicht ausreden kann und höre „Ich wollte nie erwachsen sein“ denke ich mir: und was sagt uns das jetzt?
Ich kämpfe nicht für „die Kirche“. Es steht heute jedem Paar frei, sich an jemand anderen zu wenden, der in einem eigenen „Ritus“ eine Feier nach deren Vorstellungen gestaltet. Viele verstehen das vielleicht nicht oder nehmen mir das nicht ab, aber: ich fühle mich als Kämpfer für die Liebe!
Pfarrer Holger Kruschina, Roding