Vorwort des Vorsitzenden

Liebe Mitglieder und Freunde des Sudetendeutschen Priesterwerks!

Unser Leben währt 70 Jahre und wenn es hochkommt, sind es 80. So heißt es in Psalm 90. Corona hat unsere Lebenserwartung in Deutschland eine kleine statistische Delle verpasst, ansonsten aber liegen wir gut über den 80 – was beileibe nicht für den überwiegenden Teil der Weltbevölkerung gilt!
Dennoch sind die 80 eine realistische Marke. Daher sind die heurigen Gedenktage zum Kriegsende 1945 so bedeutend. Wenn es 90 oder gar 100 sein werden, sind die letzten echten Zeitzeugen tot. Was war, wird endgültig Geschichte, eine Jahreszahl im Lehrplan. Auch wenn es durch die modernen Medien ganz andere Dokumentationsmöglichkeiten gibt, Stimme und Gesicht lebendig bleiben, Bilder laufen, so sind es doch nicht mehr Dialogpartner, die Auskunft werden geben können.
Die Jahre 1945 und 1946 sind daher auch für unser Sudetendeutsches Priesterwerk bedeutend, denn mit dem Kriegsende war ja auch die folgende Vertreibung verbunden. Auch unsere Zeitzeugen werden immer weniger und wir wandeln uns zu einer Gemeinschaft der Erinnerungskultur und der daraus resultierenden Schritte ins Morgen.
Bekanntlich kommt „Kultur“ ja vom lateinischen cultura und bedeutet Landbau, also nicht nur Ernte, sondern auch Aussaat! Wir ernten, was in den letzten 80 Jahren an Lebensleistung, Zeugnis, Versöhnung und Heilung gewachsen ist. Wo die Saat der Bitterkeit, ja sogar des Hasses aufgegangen ist, sollten wir uns hüten, die ganze Ernte damit zu verderben. Umgekehrt, sollen wir mutig die gute Saat ausbringen in der zuversichtlichen, im Glauben begründeten Hoffnung, dass eine nächste Generation das Beste daraus machen wird.
Mit meinen drolligen 54 Jahren gehöre ich zu den „Jungen“, nicht nur im Priesterwerk. Aber ehrlicherweise wird man auch von mir sagen müssen – mit Blick auf das Psalmwort – mit Glück hab‘ ich noch ein Drittel meines Lebens vor mir, zwei liegen hinter. Da darf man ruhig mal eine erste Bilanz ziehen, um sich für die kommenden Jahre noch das Rechte vorzunehmen!
Mich entmutigt dieses „Kommen und Gehen“ überhaupt nicht. Ich darf mich einschwingen in den großen Lebenslauf, wo ich die Staffel aufnehme, meine Meter gehe und sie dann weitergebe.
Ich wünsche Ihnen eine interessante Lektüre unserer MITTEILUNGEN, die wie immer geprägt sind nicht nur von Geschichte, sondern auch von Gegenwart und Zukunft!

Ihr
Pfr. Holger Kruschina

Mater Formosa zieht Pilgerscharen nach Haindorf

300jähriges Jubiläum der Wallfahrtskirche Mariä Heimsuchung

Zum großen Pontifikalamt am 1. Juli 2025 strömten Pilger von halb Europa und von Übersee nach Haindorf im Isergebirge. In Erinnerung an die einstigen Schirmherren der Haindorfer Marienkirche und zu Ehren ihrer von weither angereisten Nachkommen wehten die Flaggen der Familie Clam-Gallas in Blau-Gelb-Blau an der Kirchenfront. Auch der Blumenschmuck in der Kirche war in diesen Farben gehalten Auf dem Vorplatz der Kirche standen historische Fahrzeuge der Feuerwehr Spalier, die extra für diesen feierlichen Anlass herangebracht worden waren.

Die Prozession

Der feierliche Einzug in die voll besetzte Haindorfer Wallfahrtskirche Mariä Heimsuchung war ein unübersehbares Zeichen der magischen Anziehungskraft dieser bedeutenden Wallfahrtskirche Nordböhmens und der Verehrung der wundertätigen Madonna Mater Formosa.
Drei Bischöfe, Stanislav Přibyl aus Leitmeritz, Wolfgang Ipolt aus Görlitz und Piotr Wawrzynek aus Liegnitz sowie rund 30 Geistliche aus tschechischen, deutschen und polnischen Diözesen wurden in einer langen Prozession von Ministranten, Feuerwehr-Abordnungen, Fahnenträgern, Vereins-Repräsentanten, einem sorbischen Chor, zwei Reiterinnen auf Pferden und zwei Reiterinnen auf Ponys zum Portal der Kirche geleitet. In der Gruppe der Geistlichen trug der Haindorfer Gemeindepfarrer Pavel Andřs ehrfürchtig die anmutige Statue der Mater Formosa mit weißen Handschuhen in die Kirche.
Bei brausenden Orgelklängen zog die Prozession - mit Ausnahme der vier Pferde - in die Kirche ein.

Die Kirche erzählt ihre Geschichte …

Das Pontifikalamt begann feierlich mit einem Eingangslied, gefolgt von der „Stimme der Kirche“, die über Lautsprecher übertragen wurde. In einer Ich-Erzählung, verfasst von dem tschechischen Historiker Dr. Milan Svoboda, berichtet die Kirche von der Entstehung der Legende der wundertätigen Madonna und von ihren Anfängen als gotische Kapelle, eingebettet in die Natur des Isergebirges. Die gräflichen Stifter Franz Ferdinand und Johanna Emerentia von Gallas ließen 1691 ein Kloster bei dem Kirchlein errichten. Als das Kirchlein für die Pilgerströme zu klein wurde, ließ die verwitwete Gräfin zwischen 1722 bis 1729 einen größeren Kirchenbau errichten. Nach den Plänen von Thomas Haffenecker entstand die heutige Kirche mit zwei hohen Türmen, Glocken und einer Kirchturm-Uhr. Im Giebelfeld wurde eine steinerne Figur der Mater Formosa aufgestellt und das Wappen der Grafen Gallas über dem Hauptportal angebracht. Im Inneren bekam die Kirche ein breites Hauptschiff und sechs Seitenkapellen, eine Kanzel mit den Symbolen der vier Evangelisten. Der illusionistische Hochaltar ist täuschend echt an die Chorwand gemalt, denn der Vorgänger-Altar war 1761 durch einen Brand zerstört worden. In der Gruft der Kirche ruhen ihre gräflichen Stifter und viele Mitglieder der Familien Gallas, Clam und Clam-Gallas.
Im 20. Jahrhundert erlebte die Kirche schwere Zeiten: zwei Weltkriege und ihre Folgen. In der gesprochenen Erzählung bedauert die Kirche den Verlust ihrer einstigen Pilger und ständigen Besucher. In der Nachkriegszeit wurde das Kloster aufgelöst, die Kirche verwaiste und verfiel. Gegen alle Widerstände hat die Kirche überlebt. Pater Miloš Raban gilt als der geschätzte Erneuerer, er ließ die Kirche und den Klosterbau nach 1990 wieder auferstehen.

Das Pontifikalamt und Mozarts Krönungsmesse

Als die Stimme der Kirche verklungen war, begann in Lateinisch das Confiteor, gefolgt vom Kyrie und Gloria des Prager Chores CVUT, der mit herausragend schönen Soli-Stimmen Mozarts Krönungsmesse in C-Dur aufführte – ein einmaliges musikalisches Erlebnis!
Die 1. Lesung (1 Könige 8, 22-23, 27-30) wurde auf Tschechisch vorgetragen, die 2. Lesung (1 Petr 2, 4-9) auf Deutsch.
Nach dem Heiligen Evangelium nach Johannes (2,13-22) sprach Bischof Stanislas Přibyl die Predigt. Sie handelte über die äußere und insbesondere über die innere Schönheit der Mater Formosa, über die Schönheit der Mutter Gottes allgemein, die jeweils in ihrer Zeit als Idealbild dargestellt wurde. Schönheit ist Abbild des Göttlichen. Die vielfältigen Darstellungen und Blickrichtungen von Marienstatuen mit dem Jesuskind zeigen uns die Bedeutungen ihrer Beziehung und empfehlen uns vier Haltungen: 1. Sich in den Dienst des Herrn stellen. 2. Fähig sein, den Herrn zu preisen und sich mit den Fröhlichen zu freuen. 3. Wir sollen den Leidenden nahe sein und mit den Weinenden weinen. 4. fähig sein, zuzuhören und zu bewahren. „Auch diese vier Haltungen haben die Jungfrau Maria zu dem gemacht, was sie ist, nämlich eine schöne Mutter, Mater Formosa.“
Auf das vom Prager Chor gesungene Credo folgten die Fürbitten in Tschechisch, Deutsch, Englisch, Sorbisch und Polnisch.
Zu den liturgischen Stationen Gabenbereitung, Sanctus, Agnus Dei und zur Kommunion sang der Chor die entsprechenden Abschnitte aus der Krönungsmesse von Mozart und zur Danksagung sang der Sorbische Chor ein „Te Deum“ nach dem Lobgesang des Hl. Franz von Assisi.
An den Segen schloß Bischof Stanislav Přibyl eine Laudatio für Pfarrer Pavel Andřs an, da er in Kürze die Gemeinde verlassen werde, um ein Promotions-Studium über Kirchenrecht in Rom zu absolvieren. Lang anhaltender Beifall des Publikums bekundete die Beliebtheit des Haindorfer Pfarrers. Auch Bernd Posselt, Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe, der Pavel Andřs sehr zugetan ist, befand sich unter den Ehrengästen der Gottesdienstbesucher.

Einladung zur Kirchweih im Klostergarten

Am Ende der Messe sprach der Direktor des Haindorfer Klosterzentrums, Dr. Jan Heinzl, eine Einladung an die versammelte Gemeinde zum gemütlichen Beisammensein bei Speis und Trank im Klostergarten aus.
Bei brausenden Orgelklängen zog die feierliche Prozession aus der Kirche aus. Die Wallfahrts-Pilger begaben sich in den Klostergarten, wo eine Band für musikalische Unterhaltung und viele Stände mit Getränken und Speisen für die leibliche Verköstigung sorgten.
Gegen Mitternacht klang das gut besuchte Wallfahrtsfest aus.
Ein großer Dank sei an dieser Stelle auch an alle Organisatorinnen und Organisatoren und an die aktiv Mitwirkenden ausgesprochen, die in langer, engagierter Vorbereitungs-Arbeit für das Gelingen dieses einmalig schönen Wallfahrts-Jubiläums-Programms gesorgt haben.

Renate Beck-Hartmann

Die Wallfahrt – ein Beitrag zur Stärkung des Glaubens

79. Wallfahrt der Heimatvertriebenen und Aussiedler nach Walldürn

Die Basilika St. Georg in Walldürn war zum Pontifikalamt mit Weihbischof Dr. Reinhard Hauke, dem Beauftragten der Deutschen Bischofskonferenz für die Vertriebenen- und Aussiedlerseelsorge, am ersten Juli-Sonntag bis auf den letzten Platz gefüllt. Die Eucharistiefeier war in das Programm der vierwöchigen Wallfahrt zum Hl. Blut eingebettet. Die meisten Gottesdienstbesucher waren aber Pilgergruppen und Wallfahrer aus unterschiedlichen Orten, die zu Fuß, per Rad oder mit dem Auto hierher gekommen waren.
Über die große Anzahl der Gläubigen freute sich in seiner Begrüßung Franziskanerpater Josef Bregula. Besonders hieß er den Hauptzelebranten Weihbischof Hauke und die Vorstandsmitglieder der Freiburger Ackermann-Gemeinde willkommen, die traditionell für die Organisation dieser Wallfahrt verantwortlich ist. Ebenso begrüßte er die Mitglieder des Pfarrgemeinderates, die Vertreter der Stadt Walldürn sowie die weiteren Pilgergruppen. Er verwies auch darauf, dass das heurige Wallfahrtsmotto „Freut euch in der Hoffnung“ mit dem Thema des Heiligen Jahres „Pilger der Hoffnung“ korrespondiere. „Viele Menschen suchen Orientierung“, stellte der Pater angesichts von Kriegen, Unsicherheiten und wirtschaftlicher Krisen fest. „Wir dürfen uns neu von der Hoffnung tragen lassen, die Christus uns schenkt“, gab er als Impuls weiter. Die Wallfahrt möge also zur Stärkung des Glaubens beitragen. „Gottes Liebe ist größer als Dunkelheit und Last. Wollen wir die Hoffnung an die Menschen weitergeben, die uns begegnen und hoffnungsvoll in die Zukunft schauen“, fasste der Seelsorger zusammen.
An seine aus Ober- und Niederschlesien stammenden Eltern erinnerte Weihbischof Hauke in seiner Begrüßung – und damit an die „schmerzliche Erfahrung der Vertreibung. Viele haben ihre Traditionen aus ihrer Heimat mitgebracht – auch den Glauben“, stellte er fest. In seiner Predigt wies er auf die heutige, säkular geprägte Zeit hin, in der die Leute vielfach mit „Wallfahrt“ und „Vertreibung“ nichts mehr verbinden. In der DDR seien die Heimatvertriebenen als Neubürger bezeichnet worden. Er stellte den Bezug zur Gemeinde Küllstedt in Thüringen (Eichsfeld) her, woher seit 1683 nach einer Pestepidemie dort – mit Unterbrechung in der DDR-Zeit – Wallfahrer nach Walldürn kommen. Ebenso führte er Carlo Acutis an, der im September heiliggesprochen wird und vielleicht auch in Walldürn war. Mit dem Blutwunder von Walldürn kam der Weihbischof auch auf seine zentrale Aussage: „Gott ist mit Fleisch und Blut unter uns und durch das Wunder sichtbar geworden. Es ist der Wunsch Jesu, uns nahe zu sein.“ Darüber hinaus beleuchtete der Geistliche die Bedeutung des Blutes – zum einen allgemein für den Menschen, zum anderen des Blutes Christi, das Jesus beim letzten Abendmahl in den Mittelpunkt gerückt hat. „Die Begegnung mit Christus erfolgt in erster Linie im Sakrament der Eucharistie, darin kommt die Verbundenheit mit Christus zum Ausdruck. Glaubensgemeinschaft geschieht aber auch außerhalb der Kirche“, stellte der Weihbischof fest. Demnach bilden die Feier der Eucharistie und die Erfahrung der Glaubensgemeinschaft die zentralen Aspekte. „Als Christen dürfen wir voll Hoffnung auf das Ziel zugehen. In der Zukunft werden wir auf ihn treffen, den wir schon kennengelernt haben“, führte Hauke aus. Die Verehrung des Blutes sei so Ausdruck der Sehnsucht und Freude, „zu ihm zu kommen und uns durch seine versöhnende Liebe beschenken zu lassen“, schloss der Weihbischof seine Ansprache.
Am Ende des Gottesdienstes dankte Pater Bregula besonders Diakon Friedhelm Bundschuh, dem Kirchenchor und Männergesangverein für die musikalische Gestaltung sowie den bei dieser Eucharistiefeier aktiven ehemaligen, erwachsenen Ministranten.
Beim anschließenden Empfang im Pfarrzentrum griff Pfarrgemeinderat und stellvertretender Stiftungsratsvorsitzender Rainer Kreis die Bezüge zwischen Erfurt/Thüringen und Walldürn auf und nannte das auch im Wappen von Weihbischof Hauke befindliche Wagenrad, das auf die Stadt Mainz hinweist. Mit Bezug auf das Motto des Heiligen Jahres meinte er: „Wir dürfen die Hoffnung nie aufgeben, es geht immer weiter.“ Durch das Gebet und den Glauben könne der Friede hergestellt werden. Auch die Heimatvertriebenen würden zeigen, dass Hoffnung immer bestehe, wenn der Glaube und der Wille dazu da sind.
„Wichtig ist, dass die Menschen bereit sind, anderen zu helfen. Der Glaube kann dafür Halt und Orientierung geben“, betonte der stellvertretende Bürgermeister Fabian Berger in seinem Grußwort. Die zentralen Daten aus der Vita des Weihbischofs ließ Roland Stindl, der Vorsitzende der Ackermann-Gemeinde im Erzbistum Freiburg, Revue passieren – vor allem dessen pastorale Initiativen für Nichtchristen. Außerdem warf Stindl einen Blick auf das Jahr 1945 mit Kriegsende und den wilden Vertreibungen, die unterschiedlichen Erfahrungen bei der Aufnahme der Heimatvertriebenen und die Gründung von Vereinen und Verbänden ab 1949, so auch der Ackermann-Gemeinde im Erzbistum Freiburg. Aus diesen Erfahrungen ergebe sich die „Solidarität mit Vertreibung heute und das Recht auf Asyl als Grundrecht“. Abschließend betonte der Diözesanvorsitzende die Verständigung über Grenzen hinweg, den Verzicht auf Rache und die Versöhnung gegen alle Widerstände.
Sozusagen die Gründungsväter der Vertriebenenwallfahrt hier in Walldürn rief schließlich Helmut Hotzy, langjähriger Mitorganisator vor Ort, in Erinnerung: Fritz Baier und Pfarrer Heinrich Magnani aus Hettingen und Augustinerpater Paulus Sladek, der mit den beiden in Kontakt stand und in München an der Gründung der Ackermann-Gemeinde großen Anteil hatte. Die drei Männer luden im Jahr 1946 zum Feiertag „Mariä Heimsuchung“ zur Wallfahrt nach Walldürn ein, auch weil Wallfahrten – vor allem Marienwallfahrten - in der früheren Heimat einen hohen Stellenwert hatten. Später wurde der Wallfahrtstermin auf den vierten Sonntag der Wallfahrtswochen gelegt. Auch erinnerte Hotzy daran, dass viele Jahre am Vormittag das Pontikalamt und am Nachmittag eine politische Kundgebung mit oft namhaften und ranghohen Politikern war. Zu der im nächsten Jahr dann 80. Wallfahrt der Heimatvertriebenen und Aussiedler laufen bereits die Vorbereitungen.

Markus Bauer

80 Jahre Vertriebenenwallfahrt

Wallfahrtsgottesdienst mir Erzbischof Herwig Gössl in Gößweinstein

Wie schon in den vergangenen vier Jahren fand auch heuer wieder die Vertriebenenwallfahrt in der wunderschönen Wallfahrtsbasilika „Heilige Dreifaltigkeit“ in Gößweinstein statt. Diesmal war es ein kleines Jubiläum „80 Jahre Vertriebenenwallfahrt“.
Der Vertriebenenseelsorger der Erzdiözese Bamberg Monsignore Herbert Hautmann, freute sich, dass die Basilika bis auf den letzten Platz besetzt war, und vor allem, dass der Erzbischof von Bamberg, Herwig Gössl der Einladung gefolgt sei und diesem Festgottesdienst vorstand.
Die Zelebranten Pfarrer i.R. Thomas Thielscher, Pfarrer i.R. Alfred Bayer zogen zusammen mit dem Vertriebenenseelsorger und dem Erzbischof, sowie mit dem Altardienst in einer Prozession, bestehend aus Fahnen- und Trachtenabordnungen u.a. von Sudetendeutschen, Schlesiern, Donauschwaben, Gruppierungen der Egerländer Gmoi aus Nürnberg und Forchheim, Gruppierungen des Ortsverbandes Naila und Kreisverbands Hof durch das Hauptportal in die Basilika ein. Der Festgottesdienst wurde musikalisch vom Regionalkantor i.R. Georg Schäffner an der Orgel mit vertrauten Weisen aus der alten Heimat umrahmt. Monsignore Herbert Hautmann hatte ein Liederheft herausgegeben mit Liedern aus der Schubert- und Haydn-Messe, an die der Heimatvertrieben ihr Herz hängt, wie „Wohin soll ich mich wenden" oder „O Herr, ich bin nicht würdig" und dem wunderbaren Marienlied „Glorwürd'ge Königin".
Erzbischof Herwig Gössl führte in seiner einfühlsamen, hoffnungsvollen Predigt aus, dass in den letzten Jahren viel geschehen sei. Krieg und Gewalt stünden im Fokus. Die Möglichkeit, dass nach 80 Jahren Frieden so etwas auch bei uns wieder passieren könnte, sei nicht mehr auszuschließen. Wir müssten achtsam, friedlich und versöhnungsbereit sein, sagte der Bamberger Oberhirte. Christus verbindet uns und führt uns zusammen. Die Heimatvertriebenen hätten schon einmal eine schlimme Zeit erlebt und viel Unrecht erlitten, sie mussten ihren Besitz zurücklassen und manche haben auch ihre Familie verloren. Wo sie nach der Vertreibung Fuß fassen konnten, sei nicht überall „Nächstenliebe" großgeschrieben worden, erinnerte der Erzbischof. Aber der Glaube und großes Gottvertrauen war ihr Halt So sei es gelungen "Brücken zu bauen", sich gemeinsam in der Familie der Gotteskinder im Glauben zu stärken, und doch auch hoffungsvoll in eine neue Zukunft zu sehen. Dabei dürfen wir als Glaubensgeschwister die vielen Flüchtlinge unserer heutigen Zeit nicht außer Acht lassen für die wir Verantwortung haben, gab der Oberhirte zu bedenken.
Am Schluss bedankte sich Bezirksobfrau und stellvertretende Landesvorsitzende der Sudetendeutschen Landsmannschaft Margaretha Michel bei allen, die zum guten Verlauf festlichen Gottesdienstes beigetragen hätten, bei allen Abordnungen und Gottesdienstbesuchern und nicht zuletzt beim Erzbischof Herwig Gössl und Vertriebenenseelsorger Herbert Hautmann.

Bernhard Kuhn

 

Wir haben einen Glauben und eine Hoffnung

Feierliche Vesper und festlicher Pontifikalgottesdienst bei den Deutsch-Tschechischen Begegnungstage der Ackermann-Gemeinde und der Sdružení Ackermann-Gemeinde

Unter dem Thema „Wie wollen wir (zusammen) leben?“ standen vom 7.-10. August 2025 die Deutsch-Tschechischen Begegnungstage der Ackermann-Gemeinde und der Sdružení Ackermann-Gemeinde (tschechische Partnerorganisation) in Pilsen. Eingerahmt war die Veranstaltung, der katholischen Basis der Verbände entsprechend, von zwei festlichen Gottesdiensten.
Den Auftakt bildete eine feierliche Vesper in der St. Bartholomäus-Kathedrale, der als Hauptzelebranten der Geistliche Beirat der Ackermann-Gemeinde im Erzbistum Freiburg Peter Bretl und der Vorsitzende der Sdružení Ackermann-Gemeinde Monsignore Adolf Pintíř vorstanden. Der Bundesvorsitzende der Ackermann-Gemeinde Dr. Albert-Peter Rethmann betonte in seiner Begrüßung die inzwischen erreichte „Normalität der Kontakte und Beziehungen“. Er freute sich über die Tage „in Pilsen, im Herzen Europas“ und hatte „Vertrauen, dass Gottes Geist bewirkt, Wege zu einem friedvollen Miteinander“ zu finden und zu gehen. In die inhaltliche Gestaltung der Vesper unter anderem mit einigen kurzen Sätzen des Ackermanns (aus dem Werk „Der Ackermann und der Tod“ von Johannes von Tepl) in deutscher und tschechischer Sprache führte Monsignore Pintíř ein. Er skizzierte den zeitlichen Rahmen der Entstehung dieses Opus und merkte an, dass das Werk quasi in einen anderen Raum führe, „wo andere Kräfte herrschen als in dieser Welt“. Als Symbole nannte der Vorsitzende verschiedene Farben und ihre Bedeutungen im kirchlich-religiösen Kontext. „Die Farben spielen eine wichtige Rolle in unseren Festen“, fasste er zusammen. Nach dem einleitenden Hymnus, zwei Psalmen und dem Magnificat brachten deutsche und tschechische Mitglieder der beiden Verbände symbolisch Schalen mit brennenden Kerzen zum Altar und trugen die Fürbitten vor – begleitet wieder von der Stimme des Ackermann. Die musikalische Gestaltung der Vesper lag in bewährter Weise bei den Ensembles des Rohrer Sommers, unter den Gästen war auch der Pilsener Bischof Dr. Tomáš Holub.
Einen eindrucksvollen Abschluss hatten die Begegnungstage mit dem feierlichen, in zwei Sprachen zelebrierten Pontifikalgottesdienst erneut in der St. Bartholomäus-Kathedrale, der diesmal Bischof Holub vorstand. „Es sind zwar verschiedene Sprachen, aber wir haben einen Glauben und eine Hoffnung, die mit Christus verbunden sind“, betonte der Oberhirte in seiner Begrüßung. Im Glauben dürften die Menschen auch feststellen, „dass Gott uns nahesteht, um uns zu unterstützen und zu helfen. Der als Immanuel mit uns geht und steht. Der Glaube, der aus der Begegnung strömt“, betonte der Bischof in seiner Predigt. Damit gehe einher, „dass Gott die neuen Perspektiven und die neue Hoffnung anbietet und öffnet. Und auch die Bereitschaft, wirklich zu erwarten, dass Gott der ist, an dem wir uns erfreuen können, und der Glaube unser Leben bereichert“. Die Gottesdienstbesucher lud er ein, die Breite des Glaubens zu erfahren und neu die Bereitschaft zu vertiefen, dass Gott uns nahesteht, „um uns die neuen Perspektiven aufzuzeigen“, führte Bischof Holub aus. Das ergebe eine Perspektive der Nähe und Hoffnung.
Die Lesungen und Fürbitten wurden in deutscher und tschechischer Sprache vorgetragen, Chor und Orchester des Rohrer Sommers umrahmten den Festgottesdienst unter anderem mit der „Missa Sancti Stephani“ von Franz Ignaz Tůma und der „Sinfonia in f-Moll“ von Franz Xaver Richter. Der Vorsitzende der Sdružení Ackermann-Gemeinde Monsignore Adolf Pintíř erinnerte auch in seiner Eigenschaft als Mitkonzelebrant an die Ereignisse, die vor 80 Jahren geschehen sind, der Bundesvorsitzende der Ackermann-Gemeinde Dr. Albert-Peter Rethmann sprach von „wunderbaren Tagen in Pilsen, im Herzen Europas“.

Markus Bauer

Aus der Erinnerung wächst Zukunft

Reise der Religionslehrer Regensburg mit der Fördergemeinschaft Maria Kulm ins Saazer Ländchen

Mit zwei Kleinbussen führte die Drei-Tages-Fahrt entlang des Erzgebirges nach Klasterec/Klösterle zum roten Schloss der aus Österreich stammenden Grafenfamilie Thun von Hohenstein, welche es nach dem Sieg am Weißen Berg zugesprochen bekam. Die Familie lebte in nachweisbarer Erbfolge an diesem Herrschaftssitz bis zur Vertreibung 1945. Ein Porzellanmuseum zeigt die reiche Geschichte der adeligen Dynastie in verschiedenen Epochen. Eine Besonderheit war das Kosten des Heilwassers der unweit entfernten Evgenia-Quelle, einem Kleinod am Verlauf der Eger. Eine weitere Station war die einstmals freie Königsstadt Kadaň/Kaaden mit der Kirche der Kreuzerhöhung. Der Weg führte durch die dunkle Henkersgasse zum großen Stadtplatz, den eine der schönsten barocken Dreifaltigkeitssäulen ziert. Weit überragt wird die Stadt durch den Weißen Turm, dessen Brüstung einen weiten Blick über das Egerer Tal bietet. Das Ziel des ersten Tages war das Städtchen Žatec/Saaz. Noch am Abend unternahm die Gruppe einen Gang durch den großen Friedhof, der neben einem neuen Teil mit tschechischen Gräbern viele Grabstätten deutscher Familien birgt. Die Teilnehmer besuchten das Kreuz mit der Erinnerung an das Massaker vor 80 Jahren, bei denen die deutschstämmige Bevölkerung enteignet, vertrieben und viele wahllos getötet wurde.
Anderntags ging die Fahrt nach Postoloprty/Postelberg, dem Sitz der Familien von Sternberg und zu Schwarzenberg. Der Name des Ortes kommt vom früheren Benediktinerkloster „Porta apostolorum“, „das Tor der Apostel“. Tatsächlich waren über dem Portal die Silberstatuen der Zwölf Apostel in Lebensgröße. Seit der Plünderung durch die Hussiten ranken sich zahlreiche Legenden um den Verbleib dieser Figuren. Leider erinnert der Ort auch an die Erschießung von 748 deutschen Frauen, Männern und Jugendlichen Anfang Juni 1945. Sie mussten unschuldigerweise für die Untaten des NS-Regimes an der tschechischen Bevölkerung mit ihrem Leben bezahlen. In der Kirche Mariä Himmelfahrt erklärte Pfarrer und Dekan Rudolf Frey die reiche Geschichte des Ortes. Bei einer Andacht erinnerte Diakon Siegfried Diller an das unheilvolle Geschehen von damals und gedachte der Täter und Opfer. Der christliche Glaube ruft auf, die Klage und Trauer vor Gott zu tragen, ihn aber auch durch sein göttliches Erbarmen um Heilung aller geschlagenen Wunden zu bitten. Im Anschluss wurde die Gedenkstelle für die Opfer des Unrechts vor 80 Jahren besucht.
Der Nachmittag galt der Stadt Most/Brüx. Die Umsiedlung der Stadt in moderne Plattenbauwohnungen dauerte 23 Jahre und war eine der ganz großen Sünden der kommunistischen Regierung. Die Gewinnung der Braunkohle im Tagebau forderte die nicht wieder gutzumachende Zerstörung der mittelalterlichen romantischen Stadt mit Bürgerhäusern, einem Jugendstiltheater, des Rathauses und der Brauerei. 1975 wurde schließlich die gotische Dekanatskirche, die nunmehr allein auf einem Kohleflöz ruhte, um 841 m mit Innen- und Außenverstrebungen, Hydraulikrollen und Schienen im Bogen außerhalb der Stadt verschoben. Ein Film bot Einblick über diese große Ingenieurleistung. Die Kirche dient heute für Führungen, Konzerte, Hochzeiten und Gottesdienste. Am Abend wurde die königliche Altstadt Chomutov/Komotau mit der St. Katharinenkirche und dem Jesuitenkolleg besucht. Von der Dreieinigkeitssäule aus wurden die Häuser im Renaissancestil angesehen, in welchen Preußenkönig Friedrich, der russische Zar Alexander und der österreichische Kaiser Franz sich verbündeten, um die Truppen Napoleons bei der Völkerschlacht von Leipzig 1813 zu besiegen und die Freiheit in Europa wieder herzustellen.
Der dritte Tag führte nach Jachymov/St. Joachimstal. In der Pfarrkirche des Hl. Joachim wurde das Gnadenbild der einstigen Wallfahrtskirche Maria Schein aufgesucht. Diese lag im Sperrgebiet der Uranminen und ist heute völlig zerstört. Bilder erinnerten an die lange Geschichte dieses ehemaligen Benediktinerklosters. Besucht wurde ebenfalls das Rathaus mit der Ausstellung der Geschichte des Bergbaus und der Prägung des Joachimstalers als eine der ersten Silberwährungen des Mittelalters. Einige Räume sind den Zwangsarbeitern in den Uranminen gewidmet, welche für versuchte Landesflucht ihre Gesundheit und und in der Folge ihr Leben verloren. Den Abschluss der Fahrt bildete Karlovy Vary/Karlsbad. Mit der Standseilbahn ging es vom Hotel Imperial zur Tepla. Der Hauptsprudel in der Kurhalle bot einen Einblick über das Geschenk des heißen Wassers aus der Erdkruste. Ein Bild in der Marktkolonade erinnert an die Gründung der Stadt durch Kaiser Karl IV., der durch eine Hirschjagd auf die Heilquellen stieß. Mit dem Bewusstsein, dass die Erinnerung an die Geschichte ein Beitrag zur Gestaltung der Zukunft ist, kam die Reisegruppe gut in die oberpfälzer Heimat zurück.

Herbert Baumann

Tschechische Bischöfe und Priester besuchen Dachau

Aus Anlass des 80. Jahrestages des Kriegsendens lud der Olmützer Erzbischof Josef Nuzik die Priester seiner Diözese zu einer zweitägigen Pilgerfahrt nach Dachau ein. Etwa dreißig, größtenteils jüngere Teilnehmer nahmen an der Wallfahrt vom 22. bis 23. April teil.
In der Todesangst Christi Kapelle beteten Erzbischof Josef Nuzík, Erzbischof em. Dominik Kardinal Duka, Weihbischof Antonín Basler und die teilnehmenden Priester für die in Dachau inhaftierten und zu Tode gekommenen Priester, Bischöfe und Mönche aus Böhmen, Mähren und Schlesien. Zum Gedenken an die 35 Opfer zündeten die Teilnehmer für jeden von ihnen eine Kerze an und dankten für deren mutiges Bekenntnis unter Einsatz des eigenen Lebens.
Im Anschluss an die Gedenkfeier, fand in der benachbarten Klosterkirche eine hl. Messe statt, die vom tschechischen Fernsehsender TV Noe direkt übertragen wurde.
Der Termin der Pilgerreise wurde bewusst in der Zeit der österlichen Oktav gewählt, so der Erzbischof in seiner Predigt, wo die Freude über die Auferstehung Jesu noch so gegenwärtig ist und uns daran erinnert, dass das Böse nicht das letzte Wort hat. Für die Peiniger der Konzentrationslager waren die Gefangenen nur eine Nummer, aber für Gott sind sie keine Nummer, er liebt sie und kennt jeden von ihnen bei seinem Namen.
Am zweiten Tag der Pilgerreise besuchte die Gruppe München und feierte zuerst einen Gottesdienst in der dem böhmischen Heiligen Nepomuk geweihten Asamkirche. Ein großer Wunsch der Teilnehmer war eine Führung in der Münchner Frauenkirche, die vorab von der Ackermann-Gemeinde organisiert wurde. Diakon Scheidl von der Dompfarrei führte die Gäste aus der mährischen Diözese mit der Freude eines diözesanen Gastgebers und zeigte die künstlerischen Schätze des Domes bis in den letzten Winkel.
Zum Abschluss genossen die Pilger noch eine bayerische Stärkung im Hofbräuhaus, bevor sie wieder, sicher mit bleibenden Eindrücken, die Heimreise antraten.

Ackermann-Gemeinde

Zeichen der Versöhnung, Ort der Inspiration

Der Franziskusweg in Blattendorf/Blahutovice

In zahlreichen Orten Europas befinden sich Franziskuswege mit Stationen, die von Pilgern gerne besucht werden. Einer davon ist der Franziskusweg von Blattendorf/Blahutovice im mährischen Kuhländchen, einer historisch deutsch besiedelten Gegend, die von Landwirtschaft geprägt ist.
1924 hat der Hofbesitzer Eduard Bayer seinen Hof mit Land im Nachlass einer Ordensgemeinschaft bestimmt. Aus dem Hof wurde ein Kloster und eine Gemeinschaft von etwa 10 Schwestern bewirtschaftete den Hof und betreute heranwachsende Jugendliche. Mit der Vertreibung nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die deutschen Bewohner und Schwestern des Klosters aus Blattendorf vertrieben. Das Kloster nutzte man noch viele Jahre als Kindergarten, danach kam es aber in Besitz der Landwirtschaftlichen Genossenschaft und verfiel langsam vor sich hin.
Vor zwanzig Jahren gründeten heutige Bewohner des Ortes den Verein „Bayers Nachlass“ und begannen den Hof mit Kapelle wieder herzurichten und als Begegnungszentrum und Pilgerherberge zu nutzen. Die Kapelle des Klosters dient heute dem Ort für Gottesdienste, Hochzeiten und andere Feste. Bei ihrer Initiative erhielt der Verein viel Unterstützung von den in Deutschland lebenden ehemaligen Bewohnern des Ortes. Ein noch aus dem Kloster stammendes Kreuz, dessen Corpus stark beschädigt war, ist von einem deutschen Schnitzer rekonstruiert worden.
Und auch der Blattendorfer Walter Hanel aus dem württembergischen Ottenbach besuchte oft seine Heimat und sah nun, wie die Bewohner des Ortes das Kloster wieder herrichteten. Nach dem Vorbild seines jetzigen Wohnortes ließ er 2012 als Beitrag zur Versöhnung einen Franziskusweg errichten. Der Weg beginnt beim Kloster und führt 4,8 km durch Wiesen, Felder und Wald zu den Stationen des Sonnengesangs. Die Naturverbundenheit und Sorge um die Schöpfung ist ein zentrales Anliegen des Franziskusweges, der auch viele nichtgläubige Menschen anspricht und einlädt. Eine der Stationen ist aber auch der Versöhnung gewidmet. Die Besucher werden zu Beginn des Weges aufgefordert einen Stein mitzunehmen, den sie zum Zeichen der Versöhnung an dieser Station für ihr Versöhnungsanliegen ablegen. Die heutigen Bewohner und die vertriebenen ehemaligen Bewohner haben gemeinsam einen Ort geschaffen, wo Menschen sich begegnen, gemeinsam beten, sich versöhnen und inspiriert werden sich für das Gute einzusetzen.

Adriana Insel, Ackermann-Gemeinde

Unsere Glaubenszeugen

2024 erschien das „Martyrologium der katholischen Kirche in den böhmischen Ländern im 20. Jahrhundert“, das bisher nur in der tschechischen Sprache vorliegt.
Aus diesem Martyrologium stammen die beiden folgenden Lebensbeschreibungen, die unser Vorstandsmitglied Stanislav Drobny aus dem Tschechischen ins Deutsche übersetzt hat.

Jaroslav Slezinger

Er wurde am 29. April 1911 in Jemnice als der zweitälteste Sohn in einer sehr armen Familie geboren. Sein Vater ist im Ersten Weltkrieg ums Leben gekommen, die Mutter ist also allein geblieben und musste die ganze Familie versorgen.
Neben den armseligen Verhältnisse wurde der junge Jaroslav durch die in der Familie herrschende Frömmigkeit tief geprägt. Das zeichnete sich im täglichen gemeinsamen Familiengebet und im regelmassigen Messdienerdienst ab.
Seit der Jugendzeit neigte Jaroslav zur Kunst. Er modellierte verschiedenste kleine Plastiken aus Lamm, die er nachher seinen Freunden und Bekannten schenkte. Besondere Aufmerksamkeit erregte sein erstes öffentliches Werk zum Gedenken an die Grausamkeiten des Ersten Weltkrieges, die er in einer Gestalt der weinenden Mutter mit ihrem Kind dargestellt hat.
Dieses Werk erweckte sofort Interesse und schließlich eine versprochene finanzielle Unterstützung des anschließenden kunsthistorischen Studiums an der bekannten Schule in Horice (1933-1935). Danach folgten die Studienjahre in Prag an der Akademie der freien Kunst (1936-1939) und später im privaten Atelier des bekannten Künstlers Prof. Bohumil Kafka.
Nach dem Abschluss des Studiums übersiedelte der junge Jaroslav nach Brno. Es war im bewegten Herbst 1939. Die Nazis spürten sofort die starke nationale Opposition des Künstlers und reagierten darauf vehement im November dieses Jahres mit seiner Verhaftung und der folgenden Deportation ins Konzentrationslager Oranienburg-Sachsenhausen. Drei Jahre dauerte der bittere Aufenthalt in Deutschland. Diese bedrängenden Jahre blieben jedoch nicht ohne Auswirkung auf seine künstlerische Tätigkeit.
Aus religiöser Inspiration gestaltete Jaroslav im Lager aus den gesammelten Brotstücken die verschiedensten Darstellungen der bekannten Heilsereignisse bzw. Heilsgestalten, die er nachher seinen Mitgefangenen zur Stärkung ihrer schwankenden geistlichen Kräfte schenkte. Am meisten verschenkte Jaroslav das dargestellte Haupt des gekrönten Herrn.
Die Freilassung im Jahre 1942 brachte neue Hoffnungen und Freude. Nach mehreren Jahren der ungeduldigen Erwartung und Trennung durfte Jaroslav im Oktober 1942 seine Ehefrau Maria heiraten. In den folgenden in Brno verbrachten Jahren war der Künstler als Lehrer tätig, jedoch ohne Verzicht auf die eigene künstlerische Tätigkeit.
Im Mittelpunkt seiner Aufmerksamkeit standen die schmerzhaften Erinnerungen an die im Krieg verbrachten Jahre. Sie prägten sich am deutlichsten in seinem wohl bekanntesten Relief ein, in dem eine tragische Situation im benachbarten Dorf Hrotovice dargestellt wird. Im Hintergrund stehen die konkreten Kriegsereignisse vom 8. Mai 1945. An diesem Tag wurden nämlich Hrotovice von den russischen Soldaten befreit. Der herrschende Jubel bewirkte jedoch den von den Russen unbeabsichtigten Bombenangriff auf die versammelte Bevölkerung mit den erschütternden Konsequenzen: 114 Einheimische sind ums Leben gekommen, dazu 36 russischen Soldaten.
Doch die Nachkriegszeit brachte Jaroslav keine dauerhafte Erleichterung. In der damaligen Tschechoslowakei kamen die Kommunisten an die Macht und beherrschten schnell das gesamte gesellschaftliche Leben. Der gläubige Künstler stand freilich den neuen Diktatoren im Wege. Jaroslav organisierte in Jihlava und in der Umgebung vielfaltige illegalen Zellen und rief zur Erneuerung der Freiheit und der bürgerlichen Gesellschaft auf.
Diese oppositive Stellungnahme spiegelte sich auch in seiner Kunst wider. In dieser Zeit ist wohl die bekannteste Statue des Meisters entstanden, nämlich die Gestalt des böhmischen Herzogs und Märtyrers, des Hl. Vaclav. In ihr wurde die vom Volk ersehnte Idee der Freiheit und Selbstbestimmung verkörpert. Die Reaktion ließ nicht lange auf sich warten. Am 7. September 1949 wurde Jaroslav in Jihlava zusammen mit drei Kollegen verhaftet, gefoltert und in einem Schau-Prozess verurteilt. Das Ergebnis des Gerichtes war erschütternd: Die drei Mitbeschuldigten wurden zur Todesstrafe, Jaroslav zur 25-jährigen Haft verurteilt. Die ersten Jahre verbrachte Jaroslav im Gefängnis in Mirov und nachher in Jachimov. Man bezeichnete ihn als MUKL, d. h. als einen Mann, der zur Liquidation bestimmt ist.
Die Lebensbedingungen in Jachimov waren schrecklich. Man arbeitete 12-14 Stunden pro Tag. Ohne Feiertage, ohne richtige Ernährung, mit wenig Schlaf und ohne erforderlichen Arbeitsschutz. Besonders die Zeit 1954-1955 war für Jaroslav am schlimmsten. Er schrieb sogar seiner Frau, dass er den Herrn gebeten hat, ihn lieber zu sich zu nehmen, als weiterzuleben. Der Herr hat ihn erhört. Erschöpft und krank an Leukämie verstarb Jaroslav Slezinger in einem Militärkrankenhaus in Ostrava am 2. August 1955 im Alter von 44 Jahren. Erst nach einigen Tagen wurde seine Frau darüber informiert.
Maria Slezinger erlebte in den folgenden Jahren in der kommunistischen Diktatur ihr eigenes Martyrium, aber davon kann wohl später berichtet werden.
Gott sei Dank wurde Jaroslav Slezinger in Brno am 19. Februar 1999 vollkommen rehabilitiert. Sein Vermächtnis wurde gereinigt und ans wahre Licht gestellt. Viele Kunstwerke haben jedoch die kommunistische Ära nicht überstanden. Etwas ist jedoch geblieben: z. B. die Statue des ersten Präsidenten Tomas Gustav Masaryk, die im Jahre 2011 in Jihlava feierlich aufgestellt wurde.

Wie das Konzil wirkt

Deutsch-tschechisches Priestertreffen in der Jugendbildungsstätte Kloster Windberg

Mit zwei neunten Klassen auf „Tagen der Orientierung“ teilten die 14 Teilnehmer des Treffens 2025 Bettenhaus und Speisesaal. Die Jugendbildungsstätte Kloster Windberg feiert heuer ihr 50jähriges und passend dazu ging es auf dem Treffen um die Frage der Rezeption des Zweiten Vatikanischen Konzils und den Austausch über Formen der Verkündigung heute.
Nach der Anreise am Montagabend führte uns am Dienstagvormittag eine der pädagogischen Fachkräfte durch die Jugendbildungsstätte. Vor rund 100 Jahren war das säkularisierte Kloster Windberg von Prämonstratensern aus den Niederlanden wiederbesiedelt worden. Ende der 60er Jahre entstand die Idee, ein Jugendhaus dort anzuschließen, das im Jahr 1975 den Status einer staatlich anerkannten und geförderten Jugendbildungsstätte erhielt. Daraufhin wurde auch ein immer noch modernes Bettenhaus gebaut, dass schon in den 80er Jahren Maßstäbe in der Nachhaltigkeit setzte. Die Gruppe erfuhr von den sich stets verändernden Ansprüchen an die Arbeit mit Jugendlichen, bei der aktuell die Folgen von Corana und der veränderte Medienkonsum große Herausforderungen darstellen.
Am Nachmittag war Prof. Dr. Klaus Unterburger, Lehrstuhl für Kirchengschichte an der Ludwigs-Maximilians-Universität München zu Gast. In seinem rund zweistündigen Vortrag ging er auf die Rezeption des Konzils in Deutschland und u.a. die Würzburger Synode ein. Ein Schwenk in die anders gelagerten Verhältnisse in der DDR machte auch die so ganz anderen Erfahrungen der tschechischen Mitbrüder „anschlussfähig“. Bleibende Früchte der Würzburger Synode, die in vielen anderen Bereichen leider mit ihren Anregungen ins Leere ging, sei vor allem die veränderte kirchliche Jugendarbeit gewesen – womit man wieder bei der Jugendbildungsstätte Windberg war.
Am Mittwochvormittag fuhr die Gruppe ins nahe gelegene Straubing und wurde durch den denkmalgeschützten Friedhof St. Peter geführt. Hier lag einst die schon von Kelten und Römern besiedelte „Altstadt“, deren Begräbnisstätte neben der Agnes-Bernauer- und der Totentanz-Kapelle auch die wunderbare romanische Kirche St. Peter beherbergt, in der anschließend auch die Messe gefeiert wurde. Vorsitzender Pfarrer Kruschina hatte aus der Not eine Tugend gemacht und am Nachmittag anstelle des zweiten Referenten einen Impuls zu neuen Verkündigungsformen vorbereitet. Man sah sich gemeinsam eine Folge der neueren Produktion „The Chosen“ an. Über 300 Millionen Menschen gehören zu den regelmäßigen Zuschauern dieser Serie über das Leben Jesu auf verschiedenen Streaming-Plattformen. Am selben Tag, dem Mittwoch, war die Film-Crew bei Papst Leo gewesen! In der anschließenden Diskussion wurden Vor- und Nachteile dieser neuen Medien erwogen: Niederschwellig, vielleicht sogar kitschig, kann das Format mit Kunst und Literatur so nicht mithalten. Dennoch ermöglicht es Menschen einen Anschluss, wie er nun einmal Zeichen dieser Zeit ist.
Formen der Verkündigung, wenn auch zum Thema Natur, pflegt der Waldwipfelweg in der Nähe von St. Engelmar. Ein Ausflug in den Vorwald musste in dieser Woche schon drin sein, auch wenn sich nicht alle bis „ganz nach oben“ trauten. Am Donnerstagnachmittag standen „Austausch und Planung“ auf dem Programm. So werden wir in 2026 wieder in Tschechien tagen, und zwar in Nepomuk, diesmal vom 23.-26. Juni. Für 2027 wurde bereits Augsburg ins Auge gefasst. Den besonderen Abschluss dieses letzten Tages bildete eine Messe und anschließende Begegnung mit einem prominenten Mitglied des SPW und „Lokalmatador“: Bischof Dr. Rudolf Voderholzer hatte sich trotz vieler Verpflichtungen viel Zeit für die Mitbrüder genommen.
Zum gemeinsamen Stundengebet und den gemütlichen Abenden gesellt sich regelmäßig am Ende der Abschied: Freitagfrüh brachen alle wieder in ihre Gemeinden und den Alltag auf. Einmal mehr dankbar für die schönen und gewinnbringenden gemeinsamen Tage!

Holger Kruschina

Urlaubswoche für tschechische Priester

Strahlender Sonnenschein empfing Ende August 20 tschechische Teilnehmer der Urlaubswoche 2025 des Sudetendeutschen Priesterwerks. Begleitet wurde die Gruppe von Dolmetscherin Manuela Kopriva, Harald Jäger, dem Geschäftsführer des Priesterwerks, Diakon Diethard Nemmert und Monsignore Karl Wuchterl.
Untergebracht waren wir im Sankt-Wenzeslaus-Stift/Jauernick-Buschbach (Sachsen), wo Laudes, Vesper und Eucharistie zum festen Tagesprogramm gehörten.
Nach der Anreise, dem Bezug der Zimmer und der Begrüßungsrunde begann am Dienstag ein umfangreiches Programm. Zunächst gab am Dienstag Domkapitular Veit Scapan im Bautzener Dom einen umfassenden Einblick in Geschichte und Gegenwart der beeindruckenden Simultankirche.
Der Dom St. Petri, Pfarrkirche der katholischen Dompfarrgemeinde, befindet sich an der höchsten Stelle der Stadt Bautzen. Nach Zerstörungen durch Kriege und Stadtbrände erhielt der Dom 1430 seine heutige Gestalt. Den auffälligen Knick des Gebäudes erklärte Veit Scapan damit, dass man sonst zur Entstehungszeit nicht mit einer Kutsche außen vorbeigekommen wäre.
Eine der vielen Besonderheiten des Domes ist, dass er seit der Reformation als Simultaneum existiert, also von zwei Konfessionen, von den katholischen und evangelischen Christen für Gottesdienste genutzt wird. In der Reformationszeit gelang es dem damaligen Domdekan Johann Leisentritt, einen Teil des Domes der katholischen Kirche zu erhalten. In diesem Teil sind vor allem der Hochaltar von 1713 und das Kruzifix (Permoserkreuz) kunst-historisch bedeutend. „Der Altar wurde der Ehre des Dreieinen Gottes und des heiligen Petrus geweiht“ (1771). Pfarrer Scapan zeigte uns hier dann Bilder aus der Ausstellungsreihe „Die Betenden“. Sie sind gläubiger Ausdruck modernen Empfindens und enthalten Bilder von betenden Menschen hinter dem Altar.
Auf der Rückfahrt war Herrnhut mit der Grabanlage und dem Bürgersaal Ziel. Bei einer Führung erfuhren wir, dass 1722 einige verbliebene Anhänger der böhmischen Brüderkirche auf dem Landsitz des Religionsreformers Nikolaus Graf von Zinzendorf in Herrnhut Zuflucht fanden. Sie wollten die Bibel rigoros leben und standen der Amtskirche mit ihrer vermeintlichen lauen Kirchlichkeit und den obrigkeitlichen Strukturen kritisch gegenüber; sie wollten sich nicht in die örtliche Gemeinde einfügen und bestanden auf ihrer alten Kirchenverfassung, nach der die Leitung der Gemeinde nicht von einem Pfarrer, sondern von Ältesten wahrgenommen wird. Herrnhut wurde zu einem Zentrum des Pietismus. Die fast 300jährige Tradition der Losungen sieht vor, dass durch Auslosen für jeden Tag des Jahres ein alttestamentlicher Vers festgelegt wird. Dieser soll dem Leser als Leitwort oder guter Gedanke für den Tag dienen.
Die Ursprünge des erst restaurierten, völlig weißen Kirchsaales stammen aus dem Jahr 1756. Im Mai 1945 brannte der Saal neben großen Teilen des Stadtzentrums vollkommen aus, wurde von 1951 bis 1956 wieder aufgebaut und bietet nun wieder Platz für etwa 600 Menschen. Er ist wichtigster Versammlungsraum für die Gemeinde und ihre Gäste. Die weiße Farbe der Wände und Bänke symbolisiert Reinheit, Freude und Erlösung. Die schlichte Gestaltung des Raumes will hervorheben, dass die versammelte Gemeinde der Schmuck ist. Bis Mitte des 20. Jahrhunderts saßen Frauen und Männer im Großen Saal getrennt und noch heute heißt die linke Seite »Schwesternseite« und die rechte »Brüderseite«.
Bewundert werden konnte natürlich auch der Herrnhuter Stern. Seinen Ursprung hat er im Mathematikunterricht der Brüdergemeinde vor 200 Jahren. Auch zu DDR-Zeiten wurde er hergestellt und devisenbringend in den Westen verkauft. Die ersten Sterne trugen dabei die Farben weiß-rot-weiß für die Reinheit und rot für das Blut Jesus Christus.
Ein Besuch des „Gottesackers“ durfte in Herrnhut nicht fehlen. Traditionell werden die Verstorbenen dort beigesetzt, Frauen und Männer getrennt. Die Grabsteine liegen flach auf den Erdgräbern. Nach dem Vorbild dieses Friedhofs sind alle Herrnhuter Gottesäcker weltweit angelegt.
Am Abend informierte uns Pfrarrer Cech über die pastorale Situation im Dreiländereck. Der Raum sei von einem massiven demografischen Wandel betroffen. Zittau habe seit 1990 (47.000 Einwohner) fast die Hälfte verloren und zähle aktuell 24.000 Menschen - so viel wie 1890 zur Zeit des Baus der katholischen Kirche.
Angesichts der sinkenden Priester- und Gläubigenzahl gebe es auch im Bistum Dresden-Meißen eine große Strukturreform und die Zusammenfassung von Pfarreien. Das Bistum denke alternative Leitungsmodelle an. Er als Leitender Pfarrer setze auf dezentrale Organisation nach dem Subsidiaritätsprinzip der Katholischen Soziallehre - und nicht auf den aus DDR-Zeiten sattsam bekannten Zentralismus.
Zittau sei aufgrund der Grenzlage im Dreiländereck „bunt“: Neben vielen polnischen und tschechischen Gläubigen lebten auch Angehörige zahlreicher anderer Nationen (sogar aus Peru und Nigeria) in der Stadt. Die „Eingeborenen“ seien mittlerweile in die Minderheit geraten. 51 % der Deutschen seien 60 Jahre und älter, bloß 12 % unter 20 Jahren. „Einwanderer“ machten die Gemeinde jünger, müssten aber integriert werden (Herausforderung für die Pastoral). Bei der Integration dieser Familien helfe die Erstkommunion(-vorbereitung). Drei Kirchen und vier Kapellen bedeuteten bei zwei Priestern eine Herausforderung für den Gottesdienstplan. Wortgottesdienst-Beauftragte und ein Diakon unterstützten zwar, aber in der Zukunft müsse man sich wohl von den Kapellen trennen: ein schmerzlich bevorstehender Abschied, da es für viele „ihre“ Kirche sei. Auch in Zittau wollten die Älteren, dass alles so bleibt. Immerhin könne außer am Montag noch an jedem Werktag Hl. Messe gefeiert werden.
Am Mittwoch war Ziel der Gruppe Görlitz. Der Cabrio-Bus des „Stadtschleichers“ brachte die Gruppe zur Kathedrale St. Jakobus, wo schon Bischof Wolfgang Ipolt wartete, um mit uns Eucharistie zu feiern.
Zunächst erläuterte er den in den letzten Jahren sanierten Innenraum mit einem QR-Code als Botschaft des 21. Jahrhunderts an der Decke und dem Hinweis, dass sich in Görlitz Jakobswege kreuzten.
In seiner Predigt bezog er sich auf die Tageslesung des Thessalonicherbriefes: Die Perspektive des Apostels auf seine Gemeinde sei grundsätzlich positiv: „Ich danke, wenn ich an euch denke. Das Wort Gottes ist in euch wirksam. Ich sehe das.“ Angesichts der Abbrüche des Glaubens in Europa sehe man zu sehr das Negative. Seit den letzten drei Päpsten sei aber die „Neuevangelisierung“ Thema und man könne auch immer wieder Pflänzchen des Glaubens sehen. Dazu zähle die zisterziensische Neugründung in Neuzelle, die von Atheisten wie Gläubigen gut angenommen werde. Der Apostel Paulus sehe im Leben der Gläubigen die Verkündigung und wir sollten seinen Blick aufnehmen: Wo können wir die Anfänge Gottes sehen?
Nach der Eucharistiefeier erläuterte Bischof Ipolt im nahen Gemeindehaus die Probleme im zahlenmäßig (nicht aber flächenmäßig) kleinsten deutschen Bistum. Die Diözese sei 1994 von Papst Johannes Paul II. errichtet worden und gehörte vor dem Zweiten Weltkrieg zum Erzbistum Breslau, das sich bis zur Ostsee erstreckte.
Das Bistum umfasse 10.000 qkm Fläche von Görlitz bis Eisenhüttenstadt vor den Toren Berlin; 3 % der Bevölkerung (30.000 Menschen) seien katholisch und lebten verstreut, 14 % seien regelmäßige Kirchgänger; 15 % evangelisch und der Rest ungetauft: Diaspora pur also! Viel Zuzug sei aus Polen zu verzeichnen gewesen; diese Menschen wohnten und arbeiteten auch hier. Besonders erwähnte Bischof Ipolt den großen Zusammenhalt in den Gemeinden, der auch der noch guten Versorgung mit Priestern auch in kleinen Gemeinden geschuldet sei. Er habe seit 2011 die Leitung des Bistums inne. Die Zusammenarbeit mit den drei angrenzenden polnischen Bistümern nennt er gut, am 10. August haben sechs Bischöfe aus Polen, Deutschland und Tschechien auf der Schneekoppe zusammen Gottesdienst gefeiert.
Im Gespräch wurden auch die Unterschiede früher zwischen der DDR und der CSSR in Kirchenfragen aufgezeigt: Die Priester hätten in der DDR „Narrenfreiheit“ gehabt, weil sie vom Staat kein Geld erhielten, die Gläubigen wurden unterdrückt. In der CSSR sei es wegen der Bezahlung der Priester, die aus Habsburger Zeit stamme, umgekehrt gewesen.
Zwei Mal sei er fast verhaftet worden, weil er mit dem Trabi religiöse Bücher in die CSSR geschmuggelt habe.
Nach dem Gespräch fand eine Stadtführung in tschechischer Sprache statt, geleitet von einer in Görlitz lebenden Tschechin. Die Gruppe bewunderte z.B. die Brüderstraße mit den kleinen Geschäften, dem Rathaus und der wohl beliebtesten Filmkulisse in Görlitz, dem Untermarkt.
Historische Filme wie "Goethe!" oder "In 80 Tagen um die Welt" wurden hier u.a. gedreht, ebenso Weltkriegsdramen wie "Die Bücherdiebin" oder "Inglourious Basterds" oder Märchenfilme wie "Der Zauberlehrling".
Zu den prägnanten Bauwerken in der Görlitzer Altstadt zählt der Schönhof, der heute zum Schlesischen Museum zu Görlitz gehört. Hier verlief im Mittelalter auch die Handels- und Pilgerstraße „Via Regia“, die quer durch Europa führte und Moskau mit Santiago de Compostela verband.
Zum Mittagessen in der direkt an der deutsch-polnischen Grenze gelegenen Vierradenmühle kam Bischof Wolfgang Ipolt wieder dazu. Er spendierte zum Abschied eine Runde Slibowitz, setzte seinen Fahrradhelm auf und radelte weg. Vergelt’s Gott einem nahbaren, herzlichen Oberhirten!
Vor der Rückfahrt mit dem Cabrio-Bus stand noch ein weiteres Schmankerl auf dem Programm: ein etwa einstündiges Orgelkonzert in der Evangelischen Stadtkirche St. Peter und Paul. Das Konzert wurde von Erklärungen zu Entstehung und Wirkung der Sonnenorgel, simultan gedolmetscht, begleitet. 1703 wurde die Orgel vom italienischen Orgelbauer Eugenio Casparini, der eigentlich aus der Niederlausitz stammte, fertiggestellt und in Betrieb genommen. Der Neubau erfolgte von 1997 bis 2006. Zuletzt wurden 2024 Spanische Trompeten als „Engelwerk“ eingebaut. Insgesamt verfügt die Orgel über 96 Register mit 6385 klingenden Pfeifen und kostete ca. 1,7 Millionen €.
Kirchenmusikdirektor Seliger spielte Ausschnitte aus Werken von J.S. Bach (Toccata in D-Moll), Frescobaldi oder Buxtehude. Hatte Johann Sebastian Bach über die Orgel gelästert, sie sei eine „Pferdeorgel“, weil es „rossmäßig Arbeit mache, darauf zu spielen“, durfte sich der normale Musikfreund dagegen an den meisterlich vorgetragenen Klängen erfreuen, z.B. am gemeinsamen Konzert von Kuckuck und Nachtigall. Bildete zunächst der Choral „Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren“, den Abschluss, durfte dem noch ein Postludium folgen, gespielt von einem unserer tschechischen Priester!
Das Abendprogramm gestaltete Dr. Volker Dudeck, früherer Direktor der Städtischen Museen in Zittau und promovierter Historiker, mit einer hervorragenden Powerpoint-Präsentation zur „Via Sacra“.
Vorbild der Via Sacra sei eine Straße gleichen Namens in Rom in vorchristlicher Zeit. Im Zittauer Raum verlief die alte Via Regia nach Santiago de Compostela.
Die Idee, die Oberlausitz, Böhmen und Schlesien zu verbinden, sei 2005 entstanden unter dem Motto „Reisen ohne Grenzen durch Jahrhunderte“. Dieses Projekt solle helfen, die noch bestehenden Grenzen in den Köpfen niederzureißen, haben doch auch der Zittauer Raum bzw. die Lausitz lange zur Böhmischen Krone gehört. Ziel sei aber auch, dass Pilger Stress abbauen und die eigene Mitte erkennen könnten.
Es handle sich bei dem Raum um terra incognita im Herzen Europas, er sei aber frömmigkeitsgeschichtlich von europäischer Bedeutung. Insgesamt finden sich 19 Stationen, neun davon in der Oberlausitz, vier in Niederschlesien und sechs in Nordböhmen. Dr. Dudeck beschränkte sich aus Zeitgründen auf wenige Stationen: Er ging auf die Zittauer Fastentücher von 1472 bzw. 1573 ein (Führung folgte vor Ort am Donnerstag), sowie auf Berg und Kloster Oybin. Bekannt sei die Skizze der Klosterruine Oybin (1810) von Caspar David Friedrich, der damals zur Zeit der Romantik von Dresden aus ins Riesengebirge gewandert sei.
Weiter erwähnte er den Dom St. Petri in Bautzen. Es handle sich um Deutschlands größte und älteste Simultankirche, wo Katholiken und Protestanten friedlich unter einem Dach lebten (Westteil ev., Ostteil kath.). Wir waren am ersten Tag ja dort gewesen.
Am Kloster Marienstern zeigte der Referent auf, dass Kaiser Ferdinand II. die Oberlausitz wegen Kriegsschulden an den sächsischen Kurfürsten Johann Georg I. abtreten musste. Der Böhmische Löwe in Marienstern sei Symbol des Prager Friedens von 1635 und Ausdruck dessen, dass Böhmen Schutzmacht der katholischen „Inseln“ in der Lausitz geworden war. Zum Heiligen Grab in Görlitz führte er aus, dass es sich nicht weit vom Nikolaifriedhof entfernt befindet („Görlitzer Jerusalem“). Die Anlage ist eine Nachbildung des Heiligen Grabes in Jerusalem, mit Doppelkapelle und Ölberggarten. Das Heilige Grab stellt ein religiöses Gesamtensemble dar, das sich von der Peterskirche über den Stadtraum bis zum Heiligen Grab erstreckt und zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten in Görlitz zählt. Die Entstehung gehe auf den Fehltritt eines reichen Görlitzer Kaufmanns zurück. Dr. Dudeck ging aber nicht nur auf deutsche Stationen ein: Bei einer polnischen Station handelt es sich um Grössau am Fuß der Schneekoppe mit einer Stabkirche aus Norwegen (1842). Als tschechische Stationen nannte er z.B. Hejnice/Haindorf im Isergebirge mit Mariä Heimsuchung, Cesky Dub/Böhmisch Aicha, eine frühere Johanniterkommende mit einem Fluchtweg wie auf der Johanniterburg Akkon sowie Mnichovo Hradiste/Münchengrätz mit Wallensteins Grab in der St. Annakapelle.
Am Donnerstag stand Zittau auf dem Programm. Hier feierte die Gruppe zuerst Eucharistie mit Pfarrer Cech. Später folgte ein Vortrag in Tschechisch und Deutsch zu den Zittauer Fastentüchern. Das Große Zittauer Fastentuch ist ein 8,20 m × 6,80 m etwa 56 m² großes Leinentuch. Es zeigt auf insgesamt 90 Feldern in 10 Reihen biblische Szenen aus der Hl. Schrift von Schöpfung bis zum Jüngsten Gericht. Das Fastentuch wurde im Jahr 1472 von dem Gewürz- und Getreidehändler Jacob Gürtler gestiftet, war 200 Jahre lang im Gebrauch und trennte in der Fastenzeit den Altarraum in der St.Johannis-Kirche von der Gemeinde. 1945 zerschnitten sowjetische Soldaten das Tuch in vier Teile und dichteten damit eine im Wald errichtete Sauna ab. Erst Jahrzehnte später wurde es wiedergefunden und unter Verschluss gehalten. Die Vorgänge über den Missbrauch des Tuches durch sowjetische Soldaten wurden verschwiegen. In den Jahren 1994/95 restaurierte die Schweizer Abegg-Stiftung das zwar stark beschädigte, aber noch vollständig erhaltene Fastentuch. Seit 1999 wird es in der säkularisierten Kirche „Zum Heiligen Kreuz aufbewahrt“ - in der größten Museumsvitrine der Welt.
Am Nachmittag besuchte die Gruppe die Ruinen von Burg und Klosteranlage Oybin auf dem wohl bekanntesten Felsmassiv des Zittauer Gebirges. Karl IV., böhmischer König und deutscher Kaiser, setzte auf dem Oybin mit dem Bau des Kaiserhauses und der Stiftung eines Klosters für den Orden der Cölestiner wesentliche Akzente. Zunächst nur einfache Befestigung, wurde die Burg Anfang des 14. Jh. zu einer wehrhaften Anlage ausgebaut, die dem Schutz zweier über den Pass des Gebirges führenden Handelsstraßen dienen sollte. Ein Teil des Prager Domschatzes von St. Veit auf dem Oybin war zur Zeit der Hussitenkriege hier sicher verwahrt. 200 Jahre lang existierten Burg und Kloster neben- und miteinander. In Reformation und Gegenreformation wurde dem Klosterleben ein Ende gesetzt.
1810 malte Caspar David Friedrich den Oybin mit seinen von der Natur überwucherten Ruinen. Ihm folgten viele andere, die die Faszination des Oybin mit ihren künstlerischen Mitteln ausdrückten und ihn im 19. Jh. weithin bekannt machten.
Wer per pedes dann wieder abstieg und nicht das Bähnchen nahm, konnte noch die schöne Hochzeitskirche bewundern. Die Bergkirche Oybin ist ein Kleinod des deutschen Bauernbarocks und Besuchermagnet im Zittauer Gebirge. Die Kirche besteht seit 1734 in ihrer heutigen Form. Die Bilder an den Emporen und der Decke der Kirche gestalteten einheimische Künstler, die dabei die sogenannte Grisaille-Technik anwendeten (Grau-in-Grau-Stil).
Der letzte Abend diente der Geselligkeit und dem Dank. Er galt besonders der Dolmetscherin Manuela Kopriva, die als ortsansässige Zittauerin wertvolle Tipps im Vorfeld gegeben und maßgeblich am Programm mitgearbeitet hatte. Neben der schönen Herberge wurde auch unser Geschäftsführer Harald Jäger gelobt, der sich ebenfalls mit Rat und Tat eingebracht hatte.
Empfing und begleitete uns am Anfang der Woche strahlender Sonnenschein, verabschiedeten am Freitag die 24 Teilnehmer der Urlaubswoche weinender Himmel – und Martin Emge, Leiter Hauptabteilung Seelsorge im Erzbistum Bamberg, der mit drei weiteren Schönstatt-Priestern zufällig auch im St. Wenzeslaus-Stift untergekommen war. Wie klein die Welt ist!
Für die Urlaubswoche 2026 haben die Vorbereitungen bereits begonnen. Der Augsburger Raum ist Favorit. S Panem Bohem – Gott befohlen!

Diakon Diethard Nemmert