Vorwort des Vorsitzenden

Regionaldekan Holger Kruschina Vorsitzender des Sudetendeutschen Priesterwerks

Liebe Mitglieder und Freunde des Sudetendeutschen Priesterwerks!
Im Oktober ist meine Mutter verstorben. Sie wurde 86 Jahre alt und hatte bis vor wenigen Monaten noch ein sehr selbstbestimmtes und bis zuletzt ein sehr selbstbewusstes Leben. Nur wenige Monate musste sie ihr Zuhause verlassen, weil die Beine nicht mehr sicher trugen, und nur wenige Tage dauerte der Abschied, ohne Leiden und von uns allen sehr bewusst gegangen. Ein Segen, auch wenn es in den irdischen Tod ging. Wenige Wünsche hatte sie – überhaupt das ganze Leben über – aber die wenigen äußerte sie mit Bestimmtheit. Manches war nur eine Zeit lang wichtig. Vor einigen Jahren hatte sie mir gesagt, dass sie ein bestimmtes Lied auf ihrer Beerdigung möchte: „Wie groß bist Du!“ Ob ihr das am Ende noch wichtig war, konnte ich nicht mehr erfahren, gesungen haben wir es trotzdem. „Wie groß bist Du!“ Neben dem kraftvollen Text ist es die erhebende Melodie, die das Lied schlicht aber schön macht.
Nun werden wir wieder „umschlungen“ von den Millionen von Liedfetzen in der Adventszeit (an Weihnachten ist ja dann „alles vorbei“). Neben modernen Schnulzen (das ist keine nur negative Bezeichnung!) sind es immer noch die Klassiker bis hin zur „Stillen Nacht“. Wenige Berührte werden nach der großen Theologie der Inkarnation fragen, ohnehin ist es ums Selbersingen und Texteauswendigkönnen immer schlechter bestellt. Umso wichtiger wird die Melodie, das Ungesagte, UnVERSTANDene, das Erahnte, das was bewegt.
Ist das nicht doch auch ein guter Acker, um neu das Wort Gottes zu sähen? Auch wenn Dornen, dünne Krume und steiniger Weg vieles von der Saat schlucken, so ist doch in den Herzen vieler Menschen guter Boden da. Wenn eine Generation geht, fragt sich die nächste: Was ist nun oder noch meine Aufgabe? Als Sämann, als Mitmensch.
Als Sudetendeutsches Priesterwerk wissen wir um die Verantwortung, das Gute zu bewahren, Transformation zu wagen, aber auch von Anderem Abschied zu nehmen. Auf den folgenden Seiten unserer Mitteilungen können Sie wieder viel davon lesen.
Ich danke im zu Ende gehenden Jahr allen, die sich in unserem Werk engagieren, meinen Vorstandskollegen, hier besonders unserem Schriftleiter Pfr. Mathias Kotonski, und unserem ehrenamtlichen Geschäftsführer Harald Jäger. Gebe uns Gott ein 2022, an dessen Anfang und Ende wir bekennen können: „Wie groß bist Du!“

BGR Regionaldekan Holger Kruschina
Vorsitzender des SPW

Weihnachtsgruß des Vertriebenenbischofs

Hut ab!

Der niederbayerische Ort Sammarei liegt unweit der Stadt Passau. Sein Name kommt aus den lateinischen Worten „Sancta Maria“. In der mundartlichen Abwandlung wurde daraus „Sankt Marei“ und „Sammarei“. In der dortigen Wallfahrtskirche mit dem Patrozinium „Maria Himmelfahrt“ findet sich ein prächtiger Schnitzaltar von 1647.
Zu den Hauptmotiven des barocken Altares gehört auch ein Weihnachtsbild. Was sofort ins Auge fällt ist der Hirt, der seinen Hut zieht, als er das Jesuskind sieht. Er scheint es mit Schwung zu tun. Sein Gesicht zeigt große Freude, die zum Ausdruck bringt: „Endlich ist es soweit. Ich kann den Messias sehen!“ Ein anderer Hirt im Hintergrund spielt auf seiner Flöte. Die Gewänder sind mit Gold überzogen, was die Kostbarkeit des Augenblicks zum Ausdruck bringen soll. Es handelt sich um eine Sternstunde der Menschheit, die hier dargestellt wird. Ganz im Hintergrund sieht man den Engel auf dem Hirtenfeld in Bethlehem. Unser Hirt kommt schon von dort und hat verstanden, was „die Stunde geschlagen hat“. Es gab für ihn keine andere Wahl als sich auf den Weg zu machen, um dem göttlichen Kind seinen Gruß und seine Dankbarkeit zu schenken. Maria, die Gottesmutter, zeigt auf das Kind, als ob sie sagen möchte: „Ich habe das Kind für euch geboren!“ Der heilige Josef steht hinter Maria und stärkt sie in ihrer Aufgabe. Auch er und Maria tragen goldene Gewänder, denn was hier geschieht, ist von göttlichem Glanz erfüllt und erleuchtet alle, die auf das Kind schauen.
Goldene Krippenfiguren kenne ich in Thüringen nicht. In den Krippendarstellungen der Kirchen und Märkte haben sie oftmals normale Kleidung, denn das Ereignis soll ganz in der Realität stehen. Die Anwesenheit der Engel öffnet dann das Ereignis auf den Himmel hin. Hier jedoch ist der göttliche Glanz auf den Kleidern der Beteiligten Ausdruck für das, was im Verborgenen geschieht: Gott ist mit seiner Herrlichkeit in die Welt gekommen.
Der Hirt zieht den Hut. Das ist eine Geste der Ehrerbietung. Er zieht den Hut vor einem Kind im Futtertrog. Er hat also schon erkannt, welches verborgene Geheimnis in diesem Kind liegt. Die Botschaft des Engels hat ihm die inneren Augen geöffnet.
Vor unseren Krippendarstellungen in den Kirchen stehen große und kleine Menschen mit staunenden oder auch fragenden Augen. Wenn eine Krippe auf einem Weihnachtsmarkt zwischen Märchendarstellungen steht, dann kommt manchmal die Frage auf: „Mamma, welches Märchen ist das?“ Vielleicht weiß es die Mamma und erzählt von der Geburt Jesu. Das wäre gut. Vielleicht ist die Mamma aber noch am Grübeln und sagt: „Da hier eine Mutter, ein Kind und Stroh zu sehen sind, könnte es zum Märchen ‚Rumpelstilzchen‘ gehören.“ Hier hoffe ich dann, dass jemand das Geheimnis der Menschwerdung Gottes erklären kann. Hier sind wir als Christen gefragt. Es ist schon gut, wenn jemand die Darstellung sachgerecht erklären kann. Besser ist es jedoch, wenn jemand bekennt: „Gott ist für dich in diesem Kind in die Welt gekommen, damit du zum Kind Gottes werden kannst.“ Daraus entsteht echte und langanhaltende Freude.

Ein gesegnetes Weihnachtsfest und die Freude am neuen Leben durch das Kind von Betlehem wünscht von Herzen

Weihbischof Dr. Reinhard Hauke

Weihnachtsgruß des Präses

Die Heilige Familie, auf Stein gemalt von Sona Cermakova in Brezina, Tschechien Foto Ackermann-Gemeinde

Liebe Schwestern, liebe Brüder,

im Lukasevangelium hören wir in der Heiligen Nacht über die Geburt Jesu: „Maria wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, weil in der Herberge kein Platz für sie war.“ Der menschgewordene Sohn Gottes nimmt vom ersten Augenblick seines Lebens an einen der letzten Plätze in unserer Gesellschaft ein. Der Heilige Paulus schreibt im Philipperbrief (2,6 ff): „Jesus Christus war wie Gott, hielt aber nicht daran fest, wie Gott zu sein. Sondern entäußerte sich, wurde wie ein Sklave. Sein Leben war das eines Menschen.“ Jesus entschied sich bewusst für diesen Abstieg, um uns zu erlösen: Ein Geschenk, das alle unsere Vorstellungen sprengt. Dieses Geschenk seiner Liebe macht Weihnachten zum Fest des Schenkens. Hier liegt der Ursprung, warum wir uns am Heiligen Abend beschenken, uns gute Wünsche zusprechen und zusammen in den Familien feiern. Es wäre gut, wenn wir uns dabei wieder erinnern würden, dass die Liebe Gottes, der innerste und tiefste Grund unsere Freude an Weihnachten ist, die wir auch jemanden spüren lassen können, der draußen steht.

Ich wünsche Ihnen allen ein frohes, gesegnetes Weihnachtsfest und Gottes Segen für das neue Jahr 2022!

Msgr. Dieter Olbrich
Präses für die Seelsorge der Sudetendeutschen

800 Jahre Dominikaner in den Böhmischen Ländern

Bereits zehn Jahre nach der Gründung als Predigerorden durch den hl. Dominikus und nach Anerkennung durch Papst Honorius III. fassten die Dominikaner auch in Böhmen Fuß. Das geschah im Jahre 1221 durch zwei Heilige, den Heiligen Hyazinth und seinen leiblichen Bruder Ceslaus, die in Rom den heiligen Dominikus persönlich kennengelernt hatten. Hyazinth (polnisch Jacek) wurde um 1195 in Groß-Stein geboren und wurde im Jahre 1221 in Rom vom Ordensgründer selbst in den Orden aufgenommen, ebenso sein älterer Bruder Ceslaus. Beide wurden vom Ordensstifter in den Ordensgeist eingeführt und zur Ausbreitung des Ordens in ihre Heimat entsandt. Die Einkleidung von Hyazinth, Ceslaus und eines „Hermann der Deutsche“ als Dominikaner stellt ein Fresko in der römischen Kirche Santa Sabina dar. Die drei Dominikaner reisten über Friesach in Kärnten und Prag nach Hause in ihre damals polnische Heimat, wo sie zahlreiche Klöster gründeten. Ceslaus wird als „Apostel Schlesiens“ verehrt und war erster Prior des Klosters in Breslau, wo er am 1. August 1242 starb. In der dortigen Adalbertkirche birgt die Ceslaus-Kapelle seine Gebeine. Der hl. Hyazinth war nicht nur einer der bedeutendsten Prediger des 13. Jahrhunderts, sondern trägt auch den Titel eines Slawenapostels. Er war bis zum Ende des 20. Jahrhunderts der einzige aus dem Bistum Breslau gebürtige und kanonisierte Heilige. Er gründete nicht nur den ersten Konvent in Prag, sondern auch in Kiew, wo er noch heute von den römisch-katholischen Gläubigen als Patron der Stadt verehrt wird. Auf ihn geht die dominikanische Ordensprovinz Polonia zurück, die sich von Böhmen, Mähren und Schlesien bis Russland und dem Preußenland ausdehnte und deren Gründung auf dem Generalkapitel 1228 beschlossen wurde. Als erster Provinzial wird ein „frater Gerardus natione Vratislaviensis studiens Parisiensis“ genannt. Hyazinth wirkte persönlich unermüdlich als Missionar bei den Preußen ebenso wie in der Ukraine und Südrussland, das damals Durchgangsland für die Missionare nach Zentralasien und China war. Er starb 1257 in Krakau und wurde in der dortigen Dominikanerkirche beigesetzt. Er ist einer der Patrone nicht nur Polens, sondern auch von Litauen, Russland, Preußen und Pommern sowie der Städte Krakau, Kiew und Breslau. Die Bilder aus Santa Sabina in Rom sowie ein Holzschnitt aus dem Jahre 1500 in der Bamberger Staatsbibliothek sind Zeugnisse seiner Verehrung, ebenso die Kapelle im Schloss von Groß-Stein in Schlesien.
Außer in Prag entstanden in den böhmischen Ländern bald Klöster in Brünn, Leitmeritz, Königgrätz, Olmütz, Znaim, Gabel und Turnov. Gehörten die Klöster zunächst zur polnischen Ordensprovinz, so entstand bereits 1298 eine eigene böhmische Provinz, zu der weitere Neugründungen in Budweis, Klattau, Písek, Laun, Eger, Pilsen und Aussig kamen, später auch in Komotau, Troppau, Schönberg und anderen Orten. In der Hussitenzeit wurden manche Klöster schwer getroffen, die meisten aber unter Kaiser Joseph II. aufgelöst. Die übrig gebliebenen Klöster gehörten bis 1905 zur österreichischen Provinz, ehe in jenem Jahr wieder eine böhmische Provinz errichtet wurde, deren Provinzial seinen Sitz bei der Ägidien-Kirche in Prag hatte. Die meisten Dominikaner in Böhmen und Mähren waren Tschechen, aber es gab auch Klöster im Sudetenland und deutsche Patres in Klöstern im tschechischen Gebiet. Deutsche Seelsorge versahen die Dominikaner in Znaim, Aussig, Leitmeritz, Eger und Olmütz. Zehn deutsche Patres waren vor dem Zweiten Weltkrieg auf dem Gebiet der Akademiker-Seelsorge tätig und hielten Exerzitien.
Auch der weibliche Zweig des Ordens ist schon im 13. Jahrhundert im Königreich Böhmen und dem Markgrafentum Mähren zu finden, zuerst in Brünn, wo bereits in den vierziger Jahren des 13. Jahrhunderts ein Kloster bezeugt ist. Weitere Klöster in Mähren waren Alt-Brünn und Olmütz. In Böhmen gab es zwei Klöster in Prag und andere in Königgrätz, Luditz, Kralup, Dux und Pilsen. Eine Drittordensdominikanerin war die selige Zdislava, die Papst Johannes Paul II. 1995 in Olmütz heiligsprach.
„Die Lebensgeschichte der Hl. Zdislava ist durch eine außerordentliche Fähigkeit der Hingabe an die Mitmenschen gekennzeichnet“, sagte Johannes Paul II. damals bei der Heiligsprechung in Olmütz, als er „ihr hochherziges Engagement im caritativen und pflegerischen Bereich“ hervorhob, „besonders an der Seite der Kranken, die Zdislava mit solcher Liebe und Güte umsorgte, daß sie auch heute noch als Heilerin angerufen wird“.
In Nordböhmen war das Andenken an diese große Frau immer lebendig, bei Tschechen ebenso wie bei den Sudetendeutschen. Im Sudetenland ist sie auch begraben, und zwar in Deutsch Gabel, wo im 18. Jahrhundert über ihrem Grab eine wunderbare barocke Kirche errichtet wurde. Sonst aber kannte man diese Frau in Mitteleuropa kaum, die es „verstand, sich selbst zum Geschenk zu machen gemäß dem Worte Jesu: „Geben ist seliger als nehmen“ (Johannes Paul II.).
Zdislava stammte aus Mähren, wo sie um das Jahr 1220 geboren wurde. Ihr Vater Přibyslav von Křižanov war Oberstburggraf, d.h. Verwalter des königlichen Schlosses in Brünn, ihre Mutter eine aus Sizilien stammende Hofdame der Königin Kunigunde, der staufischen Gemahlin des Königs Wenzel. Die frommen Eltern stifteten nicht nur das Franziskanerkloster in Brünn, sondern auch das Zisterzienserkloster Saar auf der böhmisch-mährischen Höhe. Ein Chronist dieses Klosters hat uns auch sehr früh die älteste Lebensbeschreibung Zdislavas hinterlassen, die dann durch die sogenannte Reim-Chronik Dalimils ergänzt wurde.
Als 20-jährige heiratete Zdislava den nordböhmischen Ritter Gallus (tschechisch: Havel) von Lämberg (tschechisch Lemberk; ein Name, aus einem deutschen ‚Löwenberg‘ entstand). Ihrem Gatten schenkte sie vier Kinder, weshalb sie auch als Ehefrau und Patronin der Familien verehrt wird. Sie war aber darüber hinaus eine wahre Mutter der Armen und pflegte selber die Kranken, für die sie in Deutsch Gabel ein Spital errichtete. Schon zu ihren Lebzeiten verbreitete sich ihr Ruf, dass sie Kranke wunderbar geheilt und sogar Tote wieder zum Leben erweckt habe. Für den jungen Dominikanerorden gründete sie mit ihrem Mann in Deutsch Gabel und Turnau Klöster und schloss sich selbst dem Dritten Orden des hl. Dominikus an. Deshalb wird sie auch oft im Dominikanerinnenhabit dargestellt und hat sich später der Predigerorden für ihre Selig- und Heiligsprechung eingesetzt. Zdislava starb bereits im Alter von nur 32 Jahren im Jahre 1252 und wurde in der Gruft der von ihr gestifteten Kirche in Gabel beigesetzt.
Seit ihrem Tode wurde sie in ihrer Heimat als „Frau Zdislava“ verehrt, doch erfolgte erst im Jahre 1907 die Seligsprechung durch Rom. Die Tradition in Deutsch Gabel bezeugt aber die über Jahrhunderte ungebrochene Verehrung. Dies wird durch den ältesten Bilderzyklus, der dort erhalten ist, bestätigt, sowie durch den barocken Kirchenbau über ihrem Grab. Die Kirche ist zwar dem heiligen Laurentius geweiht, weil damals noch nicht die Seligsprechung erfolgt war, aber in den Augen des Volkes war es die Kirche der Hl. Zdislava. Die Kirche entstand nach Plänen des Meisters Lukas von Hildebrand, der als Baumeister des Prinzen Eugen von Savoyen bekannt ist und auch dessen Wiener Schloss Belvedere schuf.
Die Kirche Böhmens hat Zdislava stets in Ehren gehalten und als Fürsprecherin angerufen. Als der bereits 88-jährige Kardinal und Erzbischof von Prag 1987 ein Jahrzehnt der geistlichen Erneuerung für Böhmen und Mähren proklamierte und damit sein Volk in der Zeit der damals herrschenden kommunistischen Kirchenverfolgung auf die tausendste Wiederkehr des Todes des Prager Märtyrerbischofs Adalbert für das Jahr 1997 vorbereiten wollte, stellte er die Jahre 1988 bis 1997 jeweils unter den Schutz von Heiligen und Seligen, die aus diesem Raum stammen. Das Jahr 1991 war der Familie geweiht und der seligen Zdislava. Deshalb gab es in jenem Jahr besonders viele Wallfahrten zu ihrem Grab. Die Pilger stammten nicht nur aus Böhmen und Mähren, sondern es kamen auch vertriebene Sudetendeutsche aus Österreich und Deutschland. Eine eigene Wallfahrt hielt auch die berühmte böhmische Familie der Waldstein (Wallenstein), deren ältester bekannter Stammvater ein Neffe Zdislavas war.
Ein Großteil der Klöster wurde in der Hussitenzeit vernichtet, nur einige bestanden weiter, wurden aber von Kaiser Joseph II. aufgehoben. Ein neu entstandener Konvent in Leitmeritz fiel 1950 der kommunistischen Kirchenverfolgung zum Opfer. Die Schwestern wurden in Caritasheimen in Moravec interniert und konnten 1990 nach der Wende das Dominikanerkloster im südmährischen Znaim beziehen. Im 19. Jahrhundert gründeten Dominikaner in Olmütz eine Kongregation der Dominikanerschwestern der Hl. Zdislava. Ziel der Kongregation war die Erziehung der weiblichen Jugend und die Caritas. 1889 wurde eine Volksschule eröffnet und bald darauf in Řepčín ein tschechisches Lehrerinnenseminar. Die Schwestern gaben Unterricht in Schulen und wirkten in Krankenhäusern und Altersheimen, auch unter den tschechischen Auswanderern in Nordamerika. Die Aufhebung aller Orden traf auch diese Kongregation, die erst 1990 wiedererstehen konnte. Heute sind die Schwestern in Olmütz in der bischöflichen Residenz sowie im Priesterseminar tätig, außerdem in Caritas-Heimen in Braunau und Kaaden. Daneben besteht auch das Säkularinstitut „Werk der Hl. Zdislava“ in Staab und Holleischen im Egerland.

Rudolf Grulich

P. František Lízna SJ - ein Pilger in der Dunkelheit des 20. Jahrhunderts

Pater Frantisek Lizna SJ

In der Gruft der Jesuitenkirche Mariä Himmelfahrt in Brünn, wo sich der Leichnam von P. Martin Středa, einem Verteidiger von Brünn gegen die Schweden im Jahr 1645, befindet, ist am 12. März dieses Jahres P. František Lízna zur letzten Ruhe gebettet worden. Das Leben von P. František war die Geschichte eines Pilgers, der durch seinen Mut und sein Gottvertrauen fasziniert, sowie im Fall des ehrwürdigen Martin Středa, dessen Seligsprechungsprozess kürzlich eröffnet wurde. Die beiden Brünner Jesuiten trennt zwar ein Zeitraum von mehr als drei Jahrhunderte, aber beide zeichnen sich dadurch aus, dass sie zu geistlichen Persönlichkeiten wurden, die eine ausdrucksvolle Spur in ihrer Zeit und in der ganzen Gesellschaft hinterließen. Die Zeit, in der P. Středa lebte, war sehr kompliziert, voller Konflikte, Wendungen und Unsicherheiten, einschließlich der Pestwunden und Epidemien anderer ansteckender Krankheiten. Auch das Leben von P. Lízna, der am 4. März im Alter von 79 Jahren an der Covid-19-Krankheit starb, wurde von der bewegten Geschichte Mitteleuropas seit den 1940er Jahren beinflusst.
František Lízna wurde am 11. Juli 1941 in Jevíčko, in Mähren, geboren. Sein Vater war ein ehemaliger Offizier und seine Mutter stammte aus dem ukrainischen Chust. Er hatte einen ein Jahr älteren Bruder und eine neun Jahre jüngere Schwester. Sie wohnten in einem Haus gegenüber der Kirche und František‘s Vater, ein Mitglied der Volkspartei und ein Katholik, der sich für ein Leben im Glauben interessierte, führte auch seine Kinder streng dazu. P. František Lízna erinnerte sich, dass er sicherlich kein vorbildliches Kind war, aber vielleicht dank dieser Erziehung nie an seinem Glauben zweifelte.
Mit dem Beginn des neuen kommunistischen Regimes im Februar 1948 wurde František‘s Vater wegen seiner Ansichten zwei Jahre lang in einem Arbeitslager interniert, und die Familie aus ihrer Wohnung vertrieben. František Lízna erinnerte sich, dass er angeblich schon seit Beginn seines Lebens im Mutterleib Antikommunist gewesen sei. Nur aufgrund des Mangels an Schülern in der Schule der kleinen Stadt konnte er studieren. Zur Abchlussfeier kam er nicht in einer Uniform der kommunistischen Jugend und mit einem Halstuch. Deshalb zeriss der Schuldirektor Líznas Bewerbung für ein Jurastudium an der Universität und schickte ihn zur Druckerausbildung. So begann Líznas Karriere als Dissident und politischer Gefangener. Als er vor dem 1. Mai ein Mädchen besuchte, das ihm gefiehl, erfuhr er, dass ihr Vater von der STB (Staatspolizei) abgeholt und beschuldigt worden war, ein Kulak (ein Reicher auf dem Lande) zu sein. František Lízna wurde von dieser Ungerechtigkeit, die die ganze Familie dieses Mädchens betraf, erbittert, nahm die sowjetische Fahne vom Schulgebäude herunter, ging damit durch das ganze Dorf und zeriss sie im Wald.
František Lízna wurde von dem kommunistischen Regime insgesamt fünfmal zu Gefängnisstrafen verurteilt. Nachdem er seine Strafe für die Schändung von Symbolen durch Zerreißen der Fahne verbüßt hatte, beschloss er, in einem Wagen mit Zuckersäcken nach Österreich zu fliehen. Er wurde an der Grenze entdeckt und erneut verurteilt. In den 1980er Jahren büßte er die Strafe für die Verbreitung von Samisdatschriften und für das Informieren von Ausländern über die Verfolgung von politischen Gegnern in der kommunistischen Tschechoslowkei ab. P. František Lízna traf sich in Prag zusammen mit P. Josef Zvěřina, P. Ota Mádr, mit der Nonne Anna Magdalena Schwarzová und mit anderen verfolgten Katholiken und bereits im Jahr 1979 unterzeichnete er die Charta 77.
Während die Behörden der kommunistischen Macht sich bemühten, František Lízna unter ständiger Überwachung zu halten, die Lebenswege von anderen überzeugten Regimegegnern durch die fast allmächtigen StB ins Gefängnis führten, bereitete die Vorsehung Gottes František Lízna darauf vor, eine Berufung zum Priesteramt anzunehmen. Líznas Entscheidung reifte allmählich, um sie zu gegebener Zeit umzusetzen. Als politisch unzuverlässig und bestraft, wurde František Lízna einer militärischen Strafeinheit in der Ostslowakei zugeteilt. Er hütete dort Schafe und züchtete Schweine. Als seine Schafe ihm eines Tages wegliefen, dachte er sich, dass er wirklich anfangen sollte, ein guter Hirte zu sein. Nach der Rückkehr aus dem Militärdienst und einem erfolglosen Fluchtversuch ins Ausland, konnte František Lízna nur als Arbeiter tärig sein. Er wollte sich für das Theologiestudium einschreiben, um Priester zu werden. Von den Aufsichtsbehörden für die Kirchen wurde er jedoch abgelehnt. Das Regime war bereit, ihm die Möglichkeit zu geben, Priester zu werden, aber unter der Bedingung, dass er sich bereit erklärt, mit der Geheimpolizei zusammenzuarbeiten.
In den 1960er Jahren eröffnete sich für viele mehrmals abgelehnte Kandidaten die Möglichkeit, doch noch Priester zu werden. František Lízna war ab Ende 1967 als Krankenpfleger für Behinderte in der ehemaligen Anstalt Vincentinum im mährischen Velehrad tätig. Die aus dem Gefängnis entlassenen Jesuitenpriester kehrten nach Velehrad, dem Sitz ihres Ordnes und ihres ehemalgien Noviziats und ihrer Schule, zurück. František Lízna trat 1968 in die Gesellschaft Jesu (Jesuiten) ein und begann sein Studium. Er wurde 1974 zum Priester geweiht. Es war die Zeit, in der die tschechoslowakischen Kommunisten nach dem Einmarsch der Truppen des Warschauer Pakts wieder den bedingungslosen Gehorsam zu Moskau erneuerten und jede Erinnerung an den so genannten Prager Frühling konsequent verfolgten.
Die erforderliche staatliche Genehmigung für die öffentliche Ausübung des Priesterberufs zu erhalten, war im Fall von František Lízna völlig unmöglich. Er weigerte sich, den Eid der Loyalität abzulegen: „Ich schwöre bei meiner Ehre und meinem Gewissen, dass ich der Tschechoslowakischen Republik und dem demokratischen System ihres Volkes treu bleibe und nichts tun werde, was ihren Interessen, ihrer Sicherheit und ihrer Intergrität widerspricht. Als Bürger des demokratischen Volksstaates werde ich die Pflichten, die sich aus meiner Stellung ergeben, gewissenhaft erfüllen und die auf das Wohl des Volkes gerichteten Aufbauanstrengungen nach meinen Kräften unterstützen." P. František Lízna fand sich damals wieder, obwohl er Priester war, am Rande der Gesellschaft. Er nahm sein Schicksal in Demut an und fand seine Lebensaufgabe. Er diente den Menschen, denen er begegnete, und dort, wo nur wenige ihr Leben leben wollen. Mit vollem Einsatz und Engagement half er sowohl geistig als auch materiell den Gefangenen, Obdachlosen und Roma. Bei der Volkszählung im Jahr 1992 meldete er sich zur Roma-Nationalität an.
Bis 1990 wirkte P. Lízna als Priester illegal. Er arbeitete hauptsächlich in sozialen Einrichtungen für Behinderte und in Krankenhäusern. Er hielt heimlich Messen in Gefängnissen und erinnerte sich später daran: „Als ich dann das Gefängnis verließ, sagten mir die Wärter, dass es gut sei, dass ich gehe, weil schon alle in ihren Zellen beten.“ Die geistige Autorität von P. František Lízna unter den Dissidenten bezeugt auch sein Treffen mit Václav Havel im Gefängnis. Václav Havel überlegte, ob er das Angebot annehmen und um seine Freilassung bitten sollte, die dann auch gewährt werden würde. Er bat um die Möglichkeit, mit drei Mitgefangenen zu sprechen, darunter František Lízna. In dieser Situation hat Václav Havel von seinen Mitgefangenen zwei unterschiedliche Meinungen bekommen. Er folgte jedoch der dritten Meinung von P. Lízna, der ihm das Gnadengesuch nicht empfahl, weil er damit zugeben würde, dass er etwas Unrechtes begangen hat. P. Lízna kommentierte später seine Haltung: „Wissen Sie, ich habe immer daran gedacht, auf keinen unmoralischen Vorschlag einzugehen.“ In den 1990er Jahren kehrte František Lízna erneut in die Gefängnisse zurück. Diesmal als Gefängniskaplan im Gefängnis für die Schwerverbrecher in Mírov. Auf diesen anspruchsvollen Dienst war er durch seine früheren Erfahrungen im Gefängnis vorbereitet. Er erzählte von seiner wechselhaften Beziehung zu einem gewalttätigen Mitgefangenen: „Dann fiel mir ein, wie Christus ihn behandeln würde, und ich lieh ihm das Evangelium zum Lesen. Er studierte es, gab es zurück und sagte: ‚Es ist sehr schön, aber wenn ich bei dir beichten würde, würdest du dich übergeben…‘ Einige Jahre nach dem Fall des Kommunismus erhielt ich einen Brief von ihm (den ich immer noch im Schrank habe). Er schrieb, ich sei der einzige Mensch, der ihm jemals einen anderen Weg gezeigt habe…“
Die geistige Kraft zum Durchhalten schöpfte P. František Lízna aus Pilgerfahrten. In den Jahren 1984 und 1985 durchwanderte er die gesamte Republik, zunächst vom äußersten Punkt der Westgrenze bis Svatý Hostýn/Hostein und ein Jahr später von der Ostgrenze, vom Berg Kremenec, wieder nach Hostýn. Im Jahr 2004 kehrte František Lízna zum Pilgern zurück. Er brach vom Wallfahrtsort Svatá Hora/Heiliger Berg bei Příbram nach Santiago de Compostela auf. Nach seiner Rückkehr diagnostizierten die Ärzte bei P. Lízna Krebs im fortgestrittenen Stadium mit Metastasen in den Knochen. František Lízna unterzog sich der Behandlung und zwei Jahre später, trotz der Warnung der Ärzte, verreiste er nach Fatima, von wo aus er erneut nach Compostela wanderte. Die Pilgerfahrt absolvierte er auch dieses mal erfolgreich. Überrascht waren jedoch die Ärzte, die František Lízna schon seit langem keine Chance mehr auf ein weiteres Leben gegeben hatten. Der Krebs hatte sich jedoch so weit zurückgebildet, dass die Ärtze ihn als einen der seltenen Fällen einstuften. František Lízna kommentierte es: „Wie ich sage, die Pilgerfahrt heilt.“ Im folgenden Jahr pilgerte Pater Lízna auf den Spuren der slawischen Heiligen Kyrill und Method nach Sewastopol auf der Krim, die aus Chersonesus, dem äußersten Punkt der Halbinsel, die Reliquien des Heiligen Papstes Clemens nach Rom gebracht hatten. Die nächste Pilgerreise des mährischen Jesuiten führte daher logischerweise nach Westen, nach Siena zur Heiligen Katharina und nach Rom. Erneut wanderte er nach Compostela und 2012 machte er eine weitere Pilgerfahrt zur Heiligen Brigitta von Schweden in Vadstena. Seine Pilgerreisen kommentierte er ironisch: „Zu Fuß laufe ich eigentlich nicht besonders gern. Ich bin eine faule Person.“ Auf den Pilgerreisen hat er mehr als achttausend Kilometer zurückgelegt, die meisten davon im Ruhestand und an Krebs erkrankt.
František Lízna verarbeitete seine Wanderungen in Form von Tagebucheinträgen, die er in einem Buch veröffentlichte. Líznas europäisches Pilgern war weder eine Form des Volkstourismus, der nie „seines“ war, noch war es ein Sammeln von Erfahrungen, einschließlich von spirituellen Erfahrungen. Jeden Tag loste er jemanden, für den er auf dem Weg betete. Die Beschreibung der Landschaft, die Ereignisse und die Begegnungen mit den Menschen auf der Straße ist völlig unmittelbar und der Autor getreu seinem Wunsch nach Wahrhaftigkeit, beschreibt sich selbst ohne Übertreibungen, als einen Mann, dessen Ego in den Hintergrund tritt. Der einfach geschriebene Text verrät František Líznas Eingenommenheit für die Schönheit. Das Leben von František Lízna bestätigt die Verflechtung von Geist und Kultur. Für uns ist es ein Zeugnis ihres geistigen Wesens. Mit den Augen eines außergewöhnlichen Priesters betrachtet, ist die Welt, selbst an den scheinbar trostlosen Orten, an denen P. František täglich unterwegs war, nicht ohne Hoffnung und Möglichkeiten, der Liebe Christi zu folgen. Die Erfahrung der alltäglichen Schönheit war für unseren Jesuiten durch die Sinne möglich, die uns so das Wissen um die Größe Gottes und die Absicht seines schöpferischen Werkes vermitteln. František Lízna veröffentlichte nicht nur seine Aufzeichnungen von seinen Pilgerreisen, sondern auch eine Gedichtsammlung mit dem Titel „Wie traurig ist die Nacht“. Der Editor schreibt im Epilog des Buches: „Das Thema der Einsamkeit und Entfremdung ist so alt wie die Kultur, wenn nicht sogar wie die Menschheit selbst. Es kann in jedem echten, d.h. inspirierten, Kunstwerk vorausgesetzt werden. ... Der Mensch fühlt sich zu Recht aus dem Paradies verbannt und sehnt sich danach, in sein Vaterhaus zurückzukehren."
P. František Lízna war eine außerordentliche Persönlichkeit. Er war das durch seinen Glauben und seine Bereitschaft, auch in schwierigen Zeiten das Leben für andere zu leben: In der Zeit des aggressiven kommunistischen Atheismus und in der darauffolgenden Periode, die durch die Verwirrung der tschechischen Gesellschaft gekennzeichnet war, die von der hedonistischen Vision des seelenlosen Materialismus gelbendet wurde. Jeder, der P. Lízna kannte, ist davon überzeugt, dass sein Leben eine äußerst schwierige Pilgerreise war, die bereits ihr Ziel erreicht hat - die Rückkehr ins „Haus des Vaters.“

Tomáš Drobný

Reise nach Wichstadtl im Zeichen der Versöhnung

Segnung des Grabsteins der ermordeten Deutschen Foto: Ellen Pfeiffer

Vom 29.09.-04.10.2021 fuhren 32 ehemalige Bewohner aus verschiedenen Teilen Deutschlands und Österreichs voller Erwartungen nach Wichstadtl/Vítkov bei Grulich/Králíky in Ostböhmen. Versöhnung der beiden Volksgruppen mit dem Unrecht der Vergangenheit, stand als Thema über dieser Reise.

Sanierung und Erneuerung ab 1990
Während der Amtszeit von Frau Bürgermeisterin Rosová konnte das Kriegerdenkmal aus dem Ersten Weltkrieg saniert und mit einer neuen Tafel versehen werden, die in beiden Sprachen an die Gefallenen erinnert. Am Friedhof wurde ein Denkmal errichtet, mit der Inschrift: „Den unsinnigen Opfern der beiden Weltkriege“, ebenfalls zweisprachig. Bei unserer Sternwallfahrt 1994 zur 650-Jahrfeier des Heimatortes wurden wir nach dem Festgottesdienst von Bürgermeisterin Rosová im Gemeindesaal bewirtet, das Essen hatten die Frauen des Ortes zubereitet.
Zur Amtszeit von Bürgermeister Šmok stand 1994 die Sanierung des maroden Kirchdaches an. Unsere Heimatgruppe übergab Herrn Bürgermeister Šmok und Herrn Pfr. Bažant zu diesem Zweck eine kleine Spende von €1.200. Seit 1995, dem 50 Jahrestag der zwölf ermordeten deutschen Bewohner vom 22.05.1945, befindet sich eine Gedenktafel aus weißen Marmor aus den lokalen Steinbrüchen aus Mohrau mit Namen der Toten in der Kirche in Wichstadtl.
Zu unserer Überraschung, setzte Herr Bürgermeister Šmok etliche Jahre später, mit Arbeitern der Gemeinde in der Nähe des Massengrabes der Ermordeten Deutschen einen großen Monolith, sichtbar von der nahe Straße aus. Ebenso renovierte die Gemeinde eine kleine Waldkapelle zum Guten Hirten.
Eine Gedenktafel, die an die Gefallenen und Vermissten der beiden Weltkriege erinnert, erstellten die Brüdern Josef und Hermann Pietsch. 2017 wurde diese in der Kirche in Wichstadtl angebracht.
Unser letztes sehr heikles Thema 2018 war die würdige Gestaltung der beiden Massengräber. Nach Zusage 2019 steht nun auf jedem ein Kreuz und eine Stele mit den Namen der Ermordeten.

Unsere Reise 2021
Der Anlass unserer Reise 2021 war es, neun Menschen offiziell zu ehren und ihnen zu danken. Denn durch deren Verständnis und Hilfe und durch die Aufarbeitung vergangenen Unrechts konnten Monumente und Gedenktafeln als sichtbare Zeichen der Versöhnung entstehen.
Am Freitag, 1. Oktober wurde unser Team von Herr Bürgermeister gastfreundlich im Rathaus empfangen. Nachmittags begleitete er uns mit einigen Ortsbewohnern zum Massengrab, wo wir der Toten namentlich gedachten, beteten, Grab und Grabstein segneten. Abschließend sangen wir unser Heimatlied: „Tief em Toole...“ gedichtet und vertont vom ortsansässigen, langjährigen Oberlehrer Julius Pausewang. Leider konnten wie das zweite Grab wegen ungeklärter Wegverhältnisse nicht besuchen.
Wir folgten der Einladung zur Besichtigung einer Ausstellung, die Herr Miloš Taraška, der in den letzten Jahren mit Hilfe der Ortsbewohner Fotos, Dokumente und Gegenstände aus unserer deutschen Zeit zusammengetragen hatte und in Schaukästen und Wandtafeln präsentiert. Ebenso dokumentierte Herr Taraška unsere Ortsgeschichte sehr einfühlsam in einem Buch.
Am Samstag, 2. Oktober, dem Tag der Schutzengel feierten wir einen zweisprachigen Dankgottesdienst in der Pfarrkirche in Wichstadtl. Anschließend überreichten die Brüder Josef und Hermann Pietsch Ehrenurkunden mit einem Geschenk an neun Frauen und Männer, darunter Herrn Bürgermeister Roman Studený, und seine beiden Vorgänger Herrn  Šmok und Frau Rosová.
Herr Günter Wytopyl, unser Landschaftsbetreuer vom oberen Adlergebirge, brachte in seinem Dank die besondere Bedeutung dieses Tages zum Ausdruck, dass das, was über viele Jahre hier in einfühlsamer Zusammenarbeit zwischen den beiden Volksgruppen entstanden ist, Vorbildcharakter über diesen Ort hinaus hat. So etwas ist einmalig. Dazu kann man nur gratulieren und hoffen, dass es über diesen Ort hinaus wächst.
Sr. Theresita erwähnte in Ihren Dankesworten an die Gemeinde das Leben der Hl. Agnes von Böhmen, die ihre Lebensaufgabe als Brückenbauerin sah zwischen den unterschiedlichen Strömungen und Menschen im damaligen Böhmen. Dieses kostbare Vermächtnis Brücken zu bauen, hat uns alle, die wir böhmische Wurzeln haben, die hl. Agnes als Auftrag hinterlassen, damit wir ihn weitertragen, über unsere engen Grenzen hinweg, wegbereitend zu einem Europa, in dem jeder in Frieden und Freiheit leben kann. Dazu möge die Hl. Agnes uns helfend zur Seite stehen.

Sr. Theresita Wanitschek OP

1100. Jahrestag des Martyriums der Heiligen Ludmilla

Die Zelebranten des Festgottesdienstes zum Gedenken an die Hl. Ludmilla Foto: Katholische Presseagentur Österreich

Kardinal Schönborn ruft Christen auf, für die Einheit Europas einzutreten

Kardinal Christoph Schönborn hat am 18. September 2021 als päpstlicher Sondergesandten die nationalen Feierlichkeiten zum 1100. Jahrestag des Martyriums der Hl. Ludmilla in dem 40 km südwestlich von Prag gelegenen Wallfahrtsort Tetín geleitet. In seiner Predigt unterstrich der Wiener Erzbischof die bleibende Bedeutung Ludmillas, die als erste böhmische Heilige einen herausragenden Platz in der Christianisierung des Landes hat.
Bereits am Vorabend, bei der festlichen Vesper, hatte der Träger des Europäischen Karlspreises der Sudetendeutschen und gebürtige Leitmeritzer gemeinsam mit dem Olmützer Erzbischof Jan Graubner an die Erklärung der Tschechischen und Österreichischen Bischofskonferenz „Versöhnte Nachbarschaft im Herzen Europas“ aus dem Jahr 2001 erinnert.
Erzbischof Graubner, der bereits damals Vorsitzender der Bischofskonferenz war, ging auf das Zustandekommen der Erklärung im Vorfeld des EU-Beitritts Tschechiens ein.
Kardinal Schönborn hob hervor, dass die Erklärung nach wie vor Aktualität habe. Standen damals die Einheit Europas und die Überwindung des Nationalitätenkonflikts zwischen Tschechen und Deutschen, der zur Vertreibung größerer Bevölkerungsgruppen nach dem Krieg geführt hatte, im Vordergrund, so müsse man heute die Erklärung noch ein weiteres Kapitel hinzufügen. Die Einheit Europas sei wieder bedroht durch das Aufkommen neuer Nationalismen. Das Eigeninteresse sei viel größer als das Miteinander. Dieser Gefahr müssten besonders die Christen in Europa heute währen. „Die schrecklichen Erfahrungen unserer Eltern und Großeltern dürfen sich nicht wiederholen“, betonte der Wiener Erzbischof.
Bei der Festmesse im Rahmen der Nationalen Ludmilla-Wallfahrt, die unter freiem Himmel stattfand und vom Tschechischen Fernsehen live übertragen wurde, würdigte Kardinal Schönborn die Hl. Ludmilla, als Großmutter des Hl. Wenzel, der im frühen 10. Jahrhundert in Prag regierte. Zudem sei Ludmilla „ein Vorbild einer klugen Großmutter“ so Schönborn unter Bezugnahme auf Worte von Papst Franziskus. Ludmilla werde als Patronin der Großmütter verehrt und gebe ein „schönes Zeugnis für die Weitergabe des Glaubens an die nächsten Generationen“, so Schönborn. Der Wiener Erzbischof erinnerte dabei an die Christianisierung Böhmens: “Die Hl. Ludmilla und ihr Gemahl, Fürst Bořivoj, stehen am Anfang der Christianisierung unserer Heimat“, so der Papst-Legat, der am 22. Januar 1945 im böhmischen Leitmeritz geboren und neun Monate später nach Österreich vertrieben wurde.
Im Blick auf die aktuelle kirchliche Lage in Tschechien erinnerte der Wiener Weihbischof an den Besuch von Papst Benedikt XVI. Dieser habe sich 2009 mit der bleibend aktuellen Frage befasst, „was es heißt, in einem Land Christ zu sein, in dem die Mehrheit Agnostiker und Atheisten und die Christen eine Minderheit sind“. Benedikt XVI. habe damals zum Gespräch mit denen ermuntert, „denen die Religionen fremd sind, denen Gott unbekannt ist und die doch nicht einfach ohne Gott bleiben, ihn wenigstens als Unbekannten denn anrühren möchten.“
In diesem Sinn müsse die Verkündigung des Glaubens weitergehen, und Christen sollten sich dabei vom Gleichnis des Sämanns inspirieren lassen, so der Kardinal unter Bezugnahme auf das Tagesevangelium: „Alle unsere menschlichen Bemühungen, den Glauben auszusäen, auszubreiten, scheinen vergeblich zu sein. Doch da gibt es da und dort guten Boden, und plötzlich gibt es unfassbar gute Erträge, weit über alles denkbar Mögliche hinaus, bis zu hundertfach.“ Das Leben und Sterben der Hl. Ludmilla habe so gesehen „reiche Frucht gebracht“, und es gelte auch heute auf ihre Fürsprache zu vertrauen.
Der Wiener Erzbischof war als Päpstlicher Legat am Freitag in Prag von Kardinal Dominik Duka empfangen worden. Am selben Tag erfolgte durch die beiden Kardinäle die Übertragung der Ludmilla-Reliquien vom Prager Veitsdom in den Wallfahrtsort Tetín. Nach der Positionierung der Schädelreliquie in der dortigen Katharinen-Kirche im Rahmen einer liturgischen Feier folgte ein Empfang und ein Festkonzert für und mit dem Päpstlichen Legaten in der Stadt Beraun am Freitagabend.

Katholische Presseagentur Österreich

Quelle: Sudetendeutsche Zeitung vom 24. September 2021, S. 1

100. Geburtstag von Schwester Dietlinda Meißner

Sr. Dietlinda Meißner Foto: Ferdinand Heilgenthal

Auf ein langes, bewegtes Leben als Kreuzschwester blickt Schwester Dietlinda Meißner zurück. Sie feiert im Gemündener Kreuzkloster am 14. November 2021 ihren 100. Geburtstag.
Geboren ist Schwester Dietlinda in Böhmen, genauer in Türmitz, Kreis Aussig, in der heutigen Tschechischen Republik. Am 28. August 1936 trat sie in Eger in die Kongregation der Barmherzigen Schwestern vom Heiligen Kreuz ein, wo sie auch ihre erste Profess und später am 11. Mai 1948 ihre Profess auf Lebenszeit ablegte. Zunächst war Schwester Dietlinda in der Krankenpflege im Krankenhaus Komotau tätig und anschließend in Brüx. Nach der Aussiedlung 1954 lernte sie in London Englisch, um anschließend die Gemeinschaft der Kreuzschwestern in den USA, in den Staaten Minnesota und Wisconsin, zu verstärken. „Die Überfahrt mit dem Schiff dauerte mehrere Wochen“, berichtet die betagte Ordensfrau, die reines Hochdeutsch spricht und sich gerne an ihre Zeit in Amerika erinnert. Sie studierte Theologie und Philosophie und war als Lehrerin an verschiedenen Schulen eingesetzt. Nach ihrer Rückkehr nach Deutschland im Jahr 1978 wirkte sie als Pensionatspräfektin in Gemünden. Von 1986 – 1998 war sie im Haus „St. Johann“ in Brannenburg Oberin der Schwestergemeinschaft. Dann war sie noch bis 2010 an der Schulpforte im Dienst. Einige Jahre verbrachte sie danach im unserem Schwesternaltenheim in Mengkofen, bis sie 2017 in die neu errichtete Pflegestation in Gemünden zurück kam. Heute lebt sie dankbar, zufrieden und gut betreut von den Mitschwestern im Kreuzkloster: „Mit dem Laufen klappt es zwar nicht mehr so gut, aber ich werde im Rollstuhl zur Heiligen Messe und zu den Mahlzeiten gefahren. Sonst bin soweit gesund, ich kann lesen und ein bisschen Fernsehen schauen.“
Ihren Geburtstag feierte Schwester Dietlinda im Kreise ihrer Mitschwestern und einigen Verwandten, auf die sie sich besonders freut, weil man sich wegen der Coronapandemie schon länger nicht gesehen hat.

Ferdinand Heilgenthal

Das Sudetendeutsche Priesterwerk gratuliert Schwester Dietlinda herzlich zu ihrem hohen Geburtstag und dankt ihr für ihren langjährigen treuen Dienst in unserem Haus in Brannenburg. Wir wünschen ihr noch einen schönen Lebensabend in Gesundheit und Zufriedenheit!