Abt em. Gabriel Wilhelm Weinberger OCist
Am 7. Mai 2021 verstarb im Alter von 90 Jahren Abt em. Gabriel Wilhelm Weinberger OCist
Wilhelm Weinberger wurde am 24. September 1930 in Semlin, Jugoslawien, als Kind einer deutschstämmigen Donauschwabenfamilie geboren. Der Vater war Besitzer einer Tischlerei und ist früh gestorben.
Im November 1944 gelang der Mutter von P. Gabriel mit ihren drei Kindern die Flucht aus Semlin in einem Viehtransportwagon; es war eine der letzten Möglichkeiten, aus diesem Gebiet herauszukommen. Die Familie Weinberger kam zunächst nach St. Leonhard am Forst in Niederösterreich, wo sie in einer Dachstube notdürftig einquartiert waren. Als die Russen heranrückten, war die Familie wieder zur Flucht gezwungen. Eine Bleibe fanden sie dann in Schwanenstadt in Oberösterreich. Auf Vermittlung des Diözesanpriesters Josef Werni, den die Familie von Semlin her kannte, kam Wilhelm in das Petrinum, einer Bischöflichen Privatschule, das nach dem Krieg zunächst in Wilhering seinen Schulbetrieb begann.
Als das Petrinum nach Linz zurückkehrte, blieb Wilhelm in Wilhering und wechselte ins Stiftsgymnasium. Schon vor der Matura begann er am 27. August 1949 das Noviziat im Stift und erhielt den Ordensnamen Gabriel. Er legte am 20. August 1953 die Feierliche Profess ab. Nach dem Theologiestudium in Linz war die Priesterweihe am 29. Juni 1954 im Mariendom. Von Oktober 1955 bis 1960 absolvierte er das Lehramtsstudium für Mathematik und Physik an der Universität Wien. 1960 begann P. Gabriel seine Lehrtätigkeit am Stiftgymnasium, die er mit viel Fachkompetenz und Leidenschaft bis zu seiner Pensionierung 1990 ausübte.
Die Pfarrseelsorge lernte P. Gabriel durch seine Tätigkeit als 1961/62 als Kooperator in Gramastetten und daraufhin in Hellmonsödt kennen.
Am 23. September 1965 erfolgte die Wahl zum 71. Abt des Stiftes Wilhering und am 9. Oktober 1965 war die Benediktion durch Generalabt Sighard Kleiner.
Die Amtszeit von Abt Gabriel begann am Ende des 2. Vatikanischen Konzils. Abt Gabriel ging mit Eifer daran, neue Sichtweisen durch das Konzil auf das Kloster zu übertragen und in den Gesamtorden einzubringen. Er gab als Teilnehmer des Generalkapitels in Rom und Mitglied verschiedener Gremien wesentliche Anstöße zur Überarbeitung der Konstitutionen des Ordens und zur „Erklärung des Generalkapitels über wesentliche Elemente des heutigen Zisterzienserlebens“. Abt Gabriel betonte die Eigenverantwortlichkeit der Ordenschristen und versuchte, das Klosterleben durch zeitgemäße Reformen zu erneuern. Wermutstropfen seiner Amtszeit, die mit der Resignation am 17. September 1977 endete, war, dass die Ordensberufungen ausblieben.
Wesentliche Impulse gingen von Abt Gabriel für die Umgestaltung der Ökonomie des Stiftes Wilhering aus. Er legte entscheidende Grundlagen für eine florierende Wirtschaft. Die Stiftsgärtnerei Wilhering wurde zu einem leistungsstarken Unternehmen ausgebaut. Die Landwirtschaft und andere Betriebe des Klosters wurden rationalisiert und auf moderne Erfordernisse umgestellt. So sehr er alles auf seine Wirtschaftlichkeit prüfte und strengen Maßstäben unterwarf, so war er doch auch sehr großzügig und menschlich in der Unterstützung verschiedener Hilfsprojekte.
Auch nach seiner Resignation als Abt war er unter den Äbten Dominik Nimmervoll und Gottfried Hemmelmayr weiterhin als Wirtschaftsdirektor bis 2007 tätig.
Eine schwere Erkrankung in den Jahren 2009 und 2010 brachte einen grundlegenden Einschnitt in das Leben von P. Gabriel. Nach Tagen auf der Intensivstation und langen Reha-Aufenthalten wurde er im Rollstuhl entlassen. Durch ständiges und unermüdliches Training mit einem befreundeten Sportmedizinerehepaar lernte er mit viel Ausdauer und Disziplin wieder gehen.
P. Gabriel wohnte in Linz, blieb aber mit dem Stift in reger Verbindung. Er freute sich über den Besuch der Mitbrüder und war bis zum Schluss geistig äußerst rege, sodass er lebhaften Anteil am Geschick des Klosters, der Kirche und an vielen Gesellschaftsfragen nehmen konnte. Aufgrund eigener Fluchterfahrungen hatte er für Asylwerber ein offenes Herz. Fasana und Hafiz, ein afghanisches Ehepaar, das er noch als 90-Jähriger unter anderem durch Mathematikunterricht förderte, wurden zu treuen Wegbegleitern von P. Gabriel; Hafiz übernahm am Schluss die Nachtdienste bei ihm. Herz- und Lungenbeschwerden wurden zunehmend zum Problem, bis er dann am 7. Mai 2021 in den Abendstunden starb. In einem seiner letzten Gespräche mit Abt Reinhold bat P. Gabriel um ein schlichtes Begräbnis. Er wolle so aus der Welt gehen, „wie er als Flüchtlingskind damals nach Wilhering gekommen ist, einfach und arm.