Bruder Meinolf Lothar Stohl SVD

Am 25. April 2019 verstarb im Alter von 79 Jahre Bruder Meinolf Lothar Stohl SVD

Lothar Stohl wurde am 20. März 1940 in Reichenberg/Nordböhmen in der Diözese Leitmeritz als dritter von vier Söhnen des Ehepaares Anton Stohl und Anna, geb. Stehlik, geboren. Im Frühjahr 1945 wurde die Familie durch das tschechische Militär nach Mühlhausen/Thüringen vertrieben. Nach mehreren Wochen im Massenquartier konnten sie endlich eine eigene Wohnung beziehen.
Lothar besuchte acht Jahre die Grundschule und vier Jahre die Oberschule. Mit 12 Jahren wurde er Messdiener und erlebte als solcher den Volksaufstand vom 17. Juni 1953. Die abendliche Herz-Jesu-Andacht wurde von den russischen Soldaten mit Maschinenpistolen im Anschlag jäh beendet. Das hat er nie vergessen.
Rund um Mühlhausen gab es 12 Diasporagemeinden. Mit 14 Jahren nahm der damalige Pfarrkurat den jungen Lothar, den Theologiestudenten Meinolf Dunkel – heute Pfarrer im Ruhestand im Bistum Erfurt und Joachim Meisner, den späteren Kardinal, mit zu den Gottesdiensten in die Diasporagemeinden, um dort bei der Gestaltung zu helfen. Lothar wollte gleich auf die Oberschule wechseln, bekam jedoch nicht die Erlaubnis, weil er nicht Mitglied in der staatlichen Jugendorganisation war. Da trat der Pfarrkurat auf den Plan: Er hoffte, dass auch Lothar wie Dunkel und Meisner den Weg zum Priestertum einschlagen würde. In einem ehemaligen katholischen Kinderheim am Stadtrand von Ostberlin existierte ein sog. „Bischöfliches Vorseminar“, das in vier Jahren als „Oberschulersatz“ auf das Theologiestudium in Erfurt vorbereitete. Der Pfarrkurat riet Lothar, dort die Aufnahmeprüfung zu machen. Lothar sagte zu und zog nach bestandener Aufnahmeprüfung im August 1958 nach Schöneiche bei Berlin.
Dies war der Anfang seines Weges zu den Steyler Missionaren, der aber anders verlief, als der Pfarrkurat und er es sich dachten. In Westberlin – die Mauer stand noch nicht – unterhielten die Jesuiten ein vielbesuchtes Jugendzentrum mit einer guten Bibliothek. Dort fand Meinolf eines Tages ein Buch über den japanischen Arzt Takashi Nagai, der mit Helfern verschiedener Herkunft Atombombenopfern von Nagasaki zur Seite stand. Das war die zündende Idee für ihn, denn auch er wollte sich ganz in den Dienst anderer stellen. In dem Jugendzentrum fand er einen Ansprechpartner, der ihm empfahl, sich an die Steyler Missionare zu wenden, denn dort würden junge Männer aufgenommen, die zwar Gelübde ablegten, aber auch ohne Priesterweihe in die Mission geschickt würden. Er bekam die Anschrift von Sankt Augustin bei Bonn. Die Eltern waren besorgt, weil dies die Flucht in den Westen einschloss, der Pfarrkurat jedoch riet ihm zu.
Ende August 1958 machte sich Lothar auf den Weg, zunächst in das Westberliner Notaufnahmelager Marienfelde. Von dort nahm er Kontakt zu den Steyler Missionaren auf und wurde ihrerseits gebeten, nach Geilenkirchen in die Nähe von Aachen zu fahren. Nach einer Odyssee durch Flüchtlingslager in Hannover und Bremen bekam er Einreisepapiere, einen Flüchtlingsausweis und eine Fahrkarte nach Geilenkirchen, wo ihn ein Pater abholte. Die Steyler Missionare unterhielten hier ein Aufbaugymnasium. Lothar hatte jedoch den Entschluss gefasst, einen Beruf zu erlernen und dann in die Mission zu gehen. Und so schickte man ihn Anfang März 1959 nach Steyl ins Postulat.
Nach sechs Monaten wurde er in das zweijährige Noviziat aufgenommen und er wählte sich als Brudernamen den Vornamen seines Freundes Dunkel: Meinolf. Während des Noviziats durfte Br. Meinolf schon die Ausbildung zum Industriekaufmann absolvieren, die er mit der Prüfung abschloss. In den anschließenden fünf Jahren zeitlicher Gelübde wurde er für drei Jahre als Unterpräfekt in das Internat nach Bad Driburg geschickt.
Am 08.09.1967 legte er im Missionshaus St. Xaver, Bad Driburg, die Ewigen Gelübde ab und bekam die Missionsbestimmung für die Philippinen. Nach dem Sprachstudium in England und Manila bekam er die kaufmännische Leitung der Kleinmöbelherstellung der Mission in Manila. Doch schon nach kurzer Zeit litt Br. Meinolf unter unerklärlichem Hautausschlag. Ein Allergietest brachte es an den Tag: Allergie gegen Tropengräser. Nach Wochen und Monaten der Behandlung riet man ihm, die Tropen wieder zu verlassen. Er reiste schweren Herzens nach Deutschland zurück und begab sich ins Tropenkrankenhaus in Hamburg. Er konnte erfolgreich behandelt werden. Man riet ihm jedoch, nicht mehr auf die Philippinen zurückzukehren.
Im September 1969 erhielt er die Rückversetzung nach Deutschland mit Zuweisung nach Bottrop. In Bottrop arbeitete er zunächst in der missionarischen Bewusstseinsbildung mit Vortragsdienst in Pfarreien und Schulen. Von 1970 bis 1974 absolvierte er den „Fernkurs Würzburg“, die theologisch-katechetische Ausbildung als Gemeindereferent. Nach bestandenem Examen vor Vertretern des Fernkurses, des Bistums Essens und des Kultusministeriums von NRW erhielt er auch die staatliche Berechtigung zur Erteilung des Religionsunterrichtes an Grund-, Haupt- und Realschulen. Bis 1981 arbeitete im Religionsunterricht an katholischen Grundschulen, hatte die Leitung des Sachausschusses „Dritte Welt“ im Pfarrgemeinderat der größten Bottroper Pfarrei, und überregional half er bei der Herausgabe eines Diskussionsforums für Jugendliche, aus dem später die Zeitschrift „17“ hervorging.
1981 nahm er am Tertiatskurs in Nemi teil und nach der Rückkehr von Rom bekam er eine neue Aufgabe in Kaldenkirchen bei Nettetal als Leiter der Außendienstmitarbeiter zum Vertrieb der Steyler Zeitschriften. 1985 bis 1988 war Br. Meinolf Ökonom der Steyler Niederlassung in Westberlin.
Im September 1988 berief man ihn als Sekretär für die deutsche Korrespondenz an das Generalat nach Rom. In Rom erfuhr Br. Meinolf von der Erkrankung seiner alleinstehenden Mutter, deren Pflegschaft er übernahm. 1990 bat er, näher an die Heimat versetzt zu werden und kam nach Bozen/Südtirol, um dort die umfangreiche Korrespondenz zu übernehmen.
Ende 1996 wurde er gebeten, als Sekretär und Archivar des Provinzarchives der Süddeutschen Provinz nach St. Wendel umzusiedeln. In den Jahren der Auflösung mehrerer Niederlassungen kamen alle Archive nach St. Wendel und wurden zu einem Zentralarchiv der beiden deutschen Provinzen zusammengefügt.
1998 war Br. Meinolf einer der Mitbegründer der „Arbeitsgemeinschaft Ordensarchive“. Diese ist seit 2006 eine Kommission der DOK. Ab 2004 war Br. Meinolf nur noch im Zentralarchiv tätig, denn bei ihm wurde die Parkinsonerkrankung festgestellt.
Die folgenden Jahre verlangte die Krankheit immer mehr ihren Tribut. 2013 musste er für längere Zeit ins Krankenhaus und die Ordensoberen stellten ihm einen jungen Nachfolger an seine Seite. Br. Meinolf zog sich nach und nach krankheitsbedingt aus dem Archiv zurück.
Seine physischen und kognitiven Kräfte schwanden zusehends. Mitte April musste er mit einer akuten und lebensbedrohlichen Lungenentzündung ins Krankenhaus eingewiesen werden. Er konnte noch einmal nach Hause zurückkehren, aber die Krankheit führte letztendlich zum Tode.