P. Angelus Graf von Waldstein-Wartenberg OSB

Am 27. Dezember 2023 verstarb P. Angelus Graf von Waldstein-Wartenberg OSB kurz vor Vollendung seines 93. Lebensjahres

Im Lebenslied von Pater Angelus klingen hauptsächlich vier Themen, die einander ergänzen, zusammen. Da ist einmal seine große Familie, in die er am 13. Januar 1931 im böhmischen Hirschberg als zweitjüngstes der insgesamt sieben Geschwister hineingeboren wurde und der er bis zuletzt stets eng verbunden blieb. Kostbarstes Familienerbe war ihm der von der Mutter Marie wie dem Vater Karl Ernst Graf von Waldstein-Wartenberg weitergegebene tiefe Glaube und die damit verbundene Beheimatung in der Kirche, welche auch durch die Vertreibung aus Böhmen nicht genommen werden konnte. Nach Verlust der alten Heimat wurde Ettal ihm in einem ersten Schritt schon im Herbst 1945 über das Internat und die Schule zum neuen Zuhause. So recht wurde aber das Kloster dem jungen Karl Albrecht Waldstein erst Heimat, als er 1951 in das Noviziat aufgenommen wurde. Damals bekam er die Namen Angelus Maria. Im Kloster hat Pater Angelus nach dem Theologie- und Lehramtsstudium in Rom und München, nach der Priesterweihe am 8. September 1956 durch den Benediktinerbischof Simon Konrad Landersdorfer zahlreiche Dienste übernommen. Abt Karl Groß hat ihm das Amt des Magisters für die Novizen und die Mitbrüder mit zeitlicher Profess übertragen, Abt Edelbert Hörhammer stand er über ein Jahrzehnt als Prior zur Seite und in einem Alter, in dem andere längst vom Ruhestand reden, hat er der sächsischen Filiale von Ettal in Wechselburg als Hausoberer gedient. Engstens mit den innerklösterlichen Diensten waren für ihn die Sorge um die Jugend in Internat und Gymnasium als Präfekt und Lehrer, als Direktor zuerst des Internates und dann der Schule verbunden. Kollegen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Jugendliche und Eltern, schätzten sein väterliches Herz und seine am Evangelium orientierte Sorge um immer den ganzen Menschen.
In das erzieherische Engagement von Pater Angelus mischte sich schließlich auch der Blick in die böhmische Heimat, die Sorge um Europa insgesamt, um die Aussöhnung besonders zwischen Deutschen und Tschechen, um das Leben der Kirche in der Bohemia Sacra. Abenteuerliche Reisen nach Prag - teilweise auch mit Schülern -, Besuche im einst heimatlichen Hirschberg, Begegnungen mit der unterdrückten Kirche, besonders auch mit dem Bekennerkardinal František Tomášek, schließlich auch ein reger Austausch des Ettaler Gymnasiums mit jenem in Böhmisch-Leipa sind wie Tonfolgen in dieser Strophe des Lebensliedes von Pater Angelus. Das Mühen um die Aussöhnung zwischen unseren beiden Staaten, nicht zuletzt auch die Arbeit in der Ackermann-Gemeinde wurde gewürdigt durch den Bayerischen Verdienstorden, überreicht durch seinen ehemaligen Ettaler Mitschüler, Ministerpräsident Max Streibl, und durch die Verdienstmedaille der Tschechischen Republik, mit der ihn 1995 Václav Havel auszeichnete. Über Jahrzehnte prägte er das Wirken der Ackermann-Gemeinde, insbesondere ab 1972 als Geistlicher Beirat der Ackermann-Gemeinde in der Erzdiözese München und dann von 1980 bis 1991 als Geistlicher Beirat auf Bundesebene. In den so aufgeführten Klängen der Lebensmelodie von Pater Angelus gibt es einen Cantus firmus, der unserem Mitbruder bis zuletzt Sehnsucht, Lebensaufgabe und Hoffnung war: Die Suche nach Heimat. Nachdem diese 1945 mit der Vertreibung verloren gegangen war, fand er neu Heimat in Ettal, wo die Gottesmutter verehrt wird wie auf dem böhmischen Bösig und in der Pfarrkirche von Hirschberg. Die Sehnsucht aber blieb und nahm wohl zu, als im Lauf der Jahrzehnte auch unser Pater Angelus erkennen musste, was die neutestamentlichen Briefe so ausdrücken: „Wir haben hier keine Stadt, die bestehen bleibt“ (Hebr 13,14), „unsere Heimat ist im Himmel“ (Phil 3,20). Diese Heimat nahm er wohl während der letzten Lebenswochen, in den beiden Benedictus-Krankenhäusern von Feldafing und Tutzing bestens betreut, immer mehr in den Blick.
Am Nachmittag des Heiligen Abend konnten zwei Mitbrüder mit Pater Angelus im Krankenhaus die heilige Messe feiern. Da war er ganz wach dabei, hat mitgebetet, war sehr dankbar und sagte doch mehrfach: „Ich will heim.“
Am 26. Dezember verschlechterte sich sein Zustand rapide, ehe er am späten Abend des 27. Dezember, am Festtag des Evangelisten Johannes, in Tutzing starb. „In das Leben sterben wir, wenn wir ganz Dir ähnlich werden“ hat er schon vor 50 Jahren gedichtet. Wir glauben, dass unser Pater Angelus jetzt ganz daheim sein darf und Anteil hat am ewigen Leben Christi.