Prof. Dr. Adolf Hampel
Am 12. Juni 2022 verstarb Prof. Dr. Adolf Hampel im 89. Lebensjahr
In seinem Buch, das er als 80-Jähriger unter dem Titel Mein langer Weg nach Moskau veröffentlichte, hat Adolf Hampel uns einen Teil seiner Lebenserinnerungen aus seinem erfüllten Leben mitgeteilt, aber auch in zahlreichen Beiträgen. Am 12. Juni erreichte uns die schmerzliche Nachricht, dass er entschlafen ist.
„Der 1933 im sudetenschlesischen Kleinherrlitz bei Troppau Geborene wurde durch die Vertreibung mit Eltern und Geschwistern nach Niederbayern verschlagen und studierte nach dem Abitur in Reimlingen Theologie in Königstein und Rom. In der Ewigen Stadt erwarb er sich im Russicum seine exzellente Kenntnis der russischen Sprache und entwickelte seine Liebe zur Ökumene. In Königstein war er nach dem Doktorat in Rom Assistent des Leiters der Königsteiner Anstalten, Prälat Adolf Kindermann, und wurde bald auch Dozent für Ostkirchenkunde und für die Lehre vom Marxismus sowie Lektor für Russisch. 1969 wurde er nach Gießen berufen und lehrte dort bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand an der Justus-Liebig-Universität Kirchengeschichte.
Schon früh besuchte Hampel die östlichen Nachbarländer und führte unter zum Teil damals noch schwierigen Bedingungen Gruppen in alle Staaten des ehemaligen Ostblocks. Verschiedene Institutionen holten ihn als Berater. Bei entscheidenden politischen Ereignissen wie dem Prager Frühling 1968, in der Zeit des Kriegsrechtes in Polen 1980 oder bei der Erklärung der Unabhängigkeit Litauens 1990 war er am Ort des Geschehens.
Ein Glücksfall war es, dass Adolf Hampel in Königstein bei seinem damaligen Schüler Rudolf Grulich die Begeisterung für den deutschen und europäischen Osten weckte und mit ihm in über 40-jähriger Kollegialität und Freundschaft die Idee des alten „Königstein“ von Weihbischof Kindermann gegen alle Widerstände (auch innerhalb der Kirche) nicht untergehen ließ. Dass das Institut für Kirchengeschichte von Böhmen-Mähren-Schlesien als „Haus Königstein“ weiter besteht, haben wir auch ihm zu verdanken.
Neben seiner wissenschaftlichen Arbeit und seiner thematisch weit gefächerten Lehrtätigkeit in Königstein und Gießen war Hampel stets ein Mann der Praxis. Als Referent ist er ebenso bekannt wie als kundiger Reiseleiter, der die Kontakte zum Osten schon knüpfte, als dies manchen Organisationen, die sich heute als Vorreiter fühlen, noch suspekt und zu gefährlich war.
Neben Büchern wie Perestroika als Aufgabe für Christen oder Gott in Russland (mit Thomas Ross) hat sich Hampel auch als Herausgeber verschiedener Bücher einen Namen gemacht. Mit Rudolf Grulich gab er die Texte zum Ost-West-Dialog heraus, eine Taschenbuch-Reihe, in der er auch einige Bücher mit Grulich verfasste oder aus dem Russischen übersetzte. In dem Buch Maastricht starb in Sarajevo – Gegen die Totengräber Europas geißelte er mit Grulich die langjährige Untätigkeit des Westens im Balkankonflikt. In dem Band Mit den Beneš-Dekreten in die EU? wandte er sich gegen die Aushöhlung der Werte Europas, weil Vertreiber-Staaten in die EU kamen, ohne die Unrechtsdekrete von 1945 aufheben zu müssen.“
So hat Pfarrer Wolfgang Stingl Adolf Hampel das letzte Mal vor seinem Tod zum 80. Geburtstag gewürdigt. Bei Tagungen in Brannenburg war er mehrfach bei Delegiertenkonferenzen des Priesterwerkes bemüht, viel beachtete Resolutionen der Priester zu entwerfen, in denen deutsch-tschechische Versöhnung im Mittelpunkt stand.
Als ich ihn das letzte Mal vor seinem Tode in Hungen besuchen konnte, war er noch ganz der Alte, so wie ich ihn jahrzehntelang kannte. Er war geistig rege und erinnerte sich an seine Beiträge, die er schrieb und die er noch in den nächsten Wochen ergänzen wollte. Vor allem war er tief bewegt, als er mich fragte, wie wohl die Muttergottes von Kasan den Krieg in der Ukraine durch unser Gebet in allen Kirchen beenden könne. Er erzählte von seiner Suche nach dieser lange Zeit verschwundenen Ikone und von Besuchen in Kasan, Fatima und Rom, wo er der einzige Deutsche war, der in Kasan und Rom von der Behörde in Tatarstan und im Vatikan für seine Mithilfe ausgezeichnet wurde. Seinem Wunsch, seine Autobiografie über den langen Weg nach Moskau noch einmal mit Cyrill und Method zu ergänzen, konnte er nicht mehr erfüllen, aber ich höre ihn noch, wie er mich fragte: Weißt Du noch, wann und wo wir beide zum ersten Mal den Spitznamen Cyrill und Method bekamen? Natürlich wusste ich es: Es war in Kroatien im Krieg 1992, als wir fast jeden Monat in Zagreb waren und Kardinal Kuharić uns lächelnd begrüßte: Da kommen wieder unsere Cyrills und Methods. Die Frage war lange: Wer ist Cyrill und wer Method?
Mein einstiger Lehrer und späterer bester Freund, dem ich viel Wissen verdanke, erläuterte einem Gesprächsteilnehmer bei unserem letzten Gespräch, dass Method elf Jahre älter als Cyrill und Priester, aber sein Bruder Konstantin nur Laie war und erst auf dem Totenbett in Rom Mönch im Jahre 869 wurde, wo er dann seinen Namen Cyrill bekam. Adolf zitierte dann Cyrills letzte Worte an seinen Bruder: „Bruder, wir waren ein Gespann, das manche Furche zog. Jetzt musst du allein das Gespann führen.“
Wir hatten uns oft versprochen, die Worte des Cyrill jeweils am Grab des anderen zu zitieren. Jetzt ist der elf Jahre ältere Method tot.
Lieber Adolf, ich verspreche dir, in deinem Sinne weiter für unsere Aufgaben das Gespann zu führen!
Rudolf Grulich